Praktische Umsetzung für die bindungsorientierte Arbeit mit Kindern
Mit den Namen Bolby, vor allem Grossmann und Grossmann im Rahmen ihrer
Langzeituntersuchung zur Bindungstheorie sind wichtige und wesentliche
Erkenntnisse über das grundsätzliche Bindungsverhalten des Menschen und ebenso
vielfache, empirisch belegte Untersuchungen über die Folgen der Störungen des
Bindungsverhaltens verbunden. Auf dieser Grundlagenarbeit aufbauend, bietet
Lilith König in sehr verständlicher Form zunächst einen breiten Einblick in
die Bindungstheorie und stellt dann im Folgenden konkrete
"Belastungen" im Rahmen der Bindungsentfaltung dar.
Vor allem die Einlassungen zu Formen der "desorganisierten Bindung"
und zu "Träume und Bindung" und die sorgfältige Darlegung der Folgen
von "Desorganisation" und "Dissoziationen" bereiten hier den
Boden für die praktischen Ansätze und Hinweise einer konstruktiven
therapeutischen bindungsorientierten Arbeit mit Kindern. Wobei es König nicht
versäumt, der Diagnostik breiten Raum im Buch zu geben, bis hin zur
"Anwendung von Bindungsverfahren in der Praxis", was gleichzeitig
überleitet zu den "Schlussfolgerungen für Therapie und Beratung",
mit denen König vielfache Hinweise für die Umsetzung der Bindungstheorie nach
ausführlicher Diagnostik in das beratende und therapeutische Arbeiten gibt.
Auch wenn König zu Recht zunächst betont, dass "Bindungserfahrungen
spielen zweifellos eine zentrale Rolle, sie sind aber nicht die einzigen
Einflussfaktoren und wirken nicht monokausal".
Damit ist ebenso für das Verständnis des Buches und die Arbeit im Bereich
gesetzt, dass ein überaus differenziertes und sorgfältiges Vorgehen zur
Vermeidung vorschneller Schlüsse wichtig ist ("dies setzt eine
differenzierte Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Konzepten der
Bindungstheorie voraus"). Gerade weil das Bedürfnis nach Bindung und die
(unbewusste) Ausgestaltung der eigenen Bindungshaltungen und des
Bindungsverhalten solch eine grundlegende menschliche Befindlichkeit darstellt,
dass ebenso klar unterschieden werden muss zwischen
"Bindungsbeziehungen", die nur zu wenigen, tief vertrauten Menschen
wie Vater und Mutter grundlegend entstehen (und damit das lebenslange
Bindungsverhalten hoch prägen), denen sich einige "temporäre
Bindungsbeziehungen" gegenüber anderen, wichtigen Bezugspersonen zur Seite
stellen lassen.
Daher ist die "Qualität der Bindung" (sicher oder unsicher) wenig
einschätzbar über die rein emotionale Seite der Verbundenheit. Gut und
fundiert stellt König daher grundlegend klar, dass es "die zentrale
Funktion des Bindungssystems ist", emotionale Stabilität
aufrechtzuerhalten und/oder wiederherzustellen. So folgert logisch die
Hinwendung im Buch zu einem "ressourcenorientierten Ansatz", im Rahmen
dessen die Bedeutung von Bindungserfahrungen (immer gesehen im Zusammenhang mit
anderen wesentlichen Grundbedürfnissen) in den Mittelpunkt gestellt wird.
Individuelle Verhaltensweisen werden in dieser ressourcenorientierten
Betrachtung als "Anpassung an unterschiedliche Anforderungen und
Lebenswirklichkeit" gewürdigt und in die praktische Beratung und Therapie
grundlegend mit einbezogen. Bis dahin, dass auch die therapeutische Beziehung
als solche (natürlich) als Form der "Bindungsbeziehung" mit in den
Blick der praktischen Betrachtungen gesetzt wird.
Fazit
Ein in sich logisch aufgebautes, viel Information vermittelndes und, in den
praktischen Überlegungen, hilfreiches Werk für die Praxis der Arbeit mit
Kindern (vor allem in Hinsicht auf die "Emotionsregulierung" der
Kinder und die "Fürsorgebedingungen, die alle Grundbedürfnisse mit
einschließen").
Ales einfache "Manual" im Sinne von "Lesen – tun" ist
dieses Werk dabei nicht gedacht, regt aber in bester Weise zu einer klaren
Reflexion und Erweiterung der eigenen Arbeit mit Kindern in Richtung des
aktuellen Standes der Bindungstheorie überaus an.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 02. Mai 2018 2018-05-02 10:28:40