Gleichbleibend auf hohem Niveau
Betrachtet man die vielfachen kleinen Seitenhiebe des Sean Duffy, Inspektor bei
der RUC in Irland Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts,
so hat man, im Vergleich zu den Vorgänge-Romanen fast das Gefühl, der Mann
geht vom Alter her seinem Ende entgegen. Doch weit gefehlt, 38 ist Duffy
inzwischen, in fester Beziehung und Vater einer Tochter (sowie weiterhin Fan,
Besitzer und Liebhaber seines "schnurrenden" BMW, der bei Antritt
jeder Fahrt gründlich auf "Quecksilberzünder" untersucht wird).
Doch da Duffy aufgrund seines konsequenten Verhaltens (er selbst würde dies
niemals "renitent" nennen) und als einer der wenigen Katholiken in
Diensten der Irischen Polizei den Vermerk in seiner Akte "Niemals
befördern" trägt und da, vor allem, Polizistenjahre in Belfast eher als
"Hundelebensjahre" zu betrachten sind, kann man sich schon ziemlich
verbraucht fühlen angesichts all der Toten, des Hasses, der Gefährdung des
eigenen Lebens. Und nun auch noch zu Besuch bei den "Schweigereltern",
das raubt einem Mann den letzten Nerv. Aye!
Da passt es gut, dass im Drogenmilieu ein Angeschossener und ein Ermordeter
aufgefunden werden. Mit Armbrustpfeilen getötet, was eine absonderliche
Abwechslung in all den Schusswechseln und Bombenanschlägen jener Tage
darstellt. Und gut, dass Duffy weiterhin seine erprobten Buddys im Team hat.
McCrabban. Erfahren. Alt. Hart. Loyal. Trocken. Einer, der kein Wort zu viel
macht. Und Lawson. Jung. Bisschen grün hinter den Ohren. Das Herz auf dem
rechten Fleck. Und, wie die beiden anderen, mit mutigem Herzen ausgestattet.
Doch was diese eher harmlos wirkenden Pfeile in einem eher kriminellen denn
politischen Milieu nach sich ziehen werden, was an alten Geschichte der
"Reservepolizei" zu Tage treten könnte und in welcher direkten und
klaren Form gerade Duffy Gefahr für Leib und Leben gegenübertreten muss (und
nun geht es ja nicht nur darum, sich zu beschützen, Frau und Kind werden
ebenfalls zur Zielscheibe), das zieht den Leser Seite für Seite intensiv in die
Spannung des Thrillers hinein.
Und führt, nebenbei, zu einer der besten Szenen aller "Duffy-Romane",
wenn der protestantische "Anführer", harte Kerl und Nachbar des
"irrenkatholischen Bullens" nackt nachts im Gartens steht und mit
einem ganz speziellen "Spielzeug" der IRA mal zeigt, dass man nicht
ungefragt in "seinem Gebiet" Jagd auf katholische Nachbarn machen
sollte. Wo sich zeigt, wie die Überwindung von unversöhnlich scheinenden
religiösen Ideologien "nachbarschaftlich" umgesetzt werden kann. Ohne
sich gleich um den Hals fallen zu müssen. Aber auch solch fast surrealistisch
anmutende Szenen täuschen keineswegs darüber hinweg, das hier wiederum ein
harter Fall bearbeitet wird und das, anders als in vorhergehenden Ermittlungen,
Duffy und seine beiden vertrauten Mitarbeiter absolut auf sich alleine gestellt
sein werden,
Fazit
Rasantes Tempo, trocken-ironische Sprache, harte Schale mit manch weichem Kern,
eine stringent entwickelter Fall, der auch den Leser lange im Unklaren lassen
wird und das ganze vor bestens vermittelter Kulisse der harten Kämpfe in
Belfast und Umgebung der späten 80er und beginnenden 90er Jahre ergeben
insgesamt eine hervorragende Lektüre.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 02. Mai 2018 2018-05-02 09:47:18