Als Bridget O’Neill ihren Mann Francis heiratet, will sie damit dem Alltag in
der nordirischen Provinz entkommen. Von einem Studium hielt Bridgets Mutter
nichts und so führt Bridget die Postagentur ihres Dorfes. Der Ort, durch den
während des Nordirland-Konflikts Soldaten und Polizisten in Kampfmontur
stiefelten, stirbt allmählich mit seinen Bewohnern. Francis taucht als
dreister Rächertyp auf; Bridget genießt anfangs, dass sie ihre Mutter damit
herausfordern kann. Ihre Sehnsucht nach Kultur lässt sich jedoch nicht stillen,
auch ihr Wunsch nach einem Kind bleibt unerfüllt. Francis geht keiner
geregelten Arbeit nach. Jeder im Dorf kennt die Aufträge, mit denen die
Männer des Ortes für ein paar Tage verschwinden, angeblich für eine gute
Sache. Francis wurde schon als Jugendlicher angeworben. In Scheindialogen spielt
Bridget sich mit anderen Frauen gegenseitig die Bälle zu. Ehefrauen haben
nichts zu sehen und zu fragen. Nur nicht zweifeln, nur nicht auffallen,
schließlich sorgt die Organisation für die Familien, wenn ihre Mitglieder im
Knast sitzen oder untertauchen müssen. Politik ist für die Frauen kein Thema.
Selbstverständlich muss man die Briten bedingungslos hassen.
Obwohl es in dieser Profession keinen Urlaubsanspruch gibt, darf das Paar zu
einer Hochzeit nach Singapur reisen. Dort macht der Britische Geheimdienst
Francis ein Ausstiegsangebot, auch zu Bridget sucht eine wildfremde Irin
Kontakt, die über unbegrenzte finanzielle Mittel zu verfügen scheint. Beide
Ehepartner schweigen eisern über ihre Begegnungen. Francis‘ jüngerer Bruder
Liam will endlich Geld in der Hand haben, er bietet sich den Briten als
Informant an. Francis hält sich für einen dicken Fisch innerhalb der
Organisation. Während er noch immer darauf setzt, dass sein Boss sich endlich
für seine langjährigen Dienste erkenntlich zeigen müsste, setzt Chief
Superintendent George Donnelly von der britischen RUC alles daran, die IRA zu
zerschlagen. Zuvor muss er sich vorsichtig an die Frage herantasten, für wen
sein Hauptverdächtiger Francis eigentlich arbeitet.
In einem weiteren Handlungsfaden bereitet ein Icherzähler mit riesigem
logistischem Aufwand einen Anschlag auf Britische Soldaten in Deutschland vor.
Mit dem Wissen der Gegenwart fragt man sich, ob die Organisation nicht bald
Konkurs anmelden muss, weil ihr die Kosten aus dem Ruder laufen. Die Handlung
reicht von den 90ern bis zum Anfang unseres Jahrhunderts, so dass man als Leser
noch erfahren wird, welche der Beteiligten ihre Schäfchen ins Trockene bringen
können.
Fazit
Agententätigkeit und Verrat vor aller Augen in einem irischen Dorf, das klingt
wie ein Schelmenroman. Wäre da nicht die Abgebrühtheit, mit der Protestanten
und Katholiken sich gegenseitig umlegen, egal, ob sie damit Menschen treffen,
die zu keiner der beiden Fronten zählen. Nicholas Searle betont, dass seine
absurde bis tragikomische Geschichte von Francis und Bridget rein fiktiv sei.
Als Leser fühlt man sich teils wie ein Party-Gast, der den Insider-Gesprächen
anderer Gäste nicht immer folgen kann. Die Wirkung ist vermutlich beabsichtigt;
denn Bridget und ihr Held werfen einander im Gespräch auch nur die nötigsten
Informationen zu. Es sind Searles tragikomische, einander ausweichende Figuren,
die mir in Erinnerung bleiben werden.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 29. März 2018 2018-03-29 09:23:23