Vernunft, Glück, Ruhe, Genuss oder????
Die Ethik "verbindet das Streben nach Glück mit dem Anspruch der
Vernunft". Dies gilt, versteht man die Ethik in ihrer philosophischen
Dimension. Und verstärkt sich, wenn man die Ethik aus systematischer Sicht
betrachtet und, als These, mit Pleger, feststellen kann: "Es gibt im
Menschen eine, sein ganzes Leben lang begleitende, Intention auf ein "gutes
Leben". Gleichwohl ist seine Verwirklichung nicht durch Instinkte, d.h.
durch die Natur, garantiert.
Die Frage nach dem guten Leben nun wäre eine einfache, wenn sie einem
eindimensionalen Ursache-Wirkung-Argumentationsschema entsprechen würde und
damit wenige, allgemein einsichtige und gültige Grundsätze für ein gutes
Leben darlegt. Allerdings ist auch die philosophische Betrachtung, die
"Exegese der Ethik" in den einzelnen Epochen und den einzelnen
philosophischen vor allem eines: mannigfaltig. Stoisch das Leben hinnehmen oder
das ganze als ein einziges Fest, wie im Hedonismus, betrachten? Der kühlen
Logik stets folgen oder Intuitionen eher schärfen wollen? Die Ethik als
Eröffnung eines "Spielraumes der Freiheit" für den Menschen durch
die Reduktion der Bedeutung allein von Instinkten, bietet viele Freiheiten, und
zwar je in den Systemen eindeutige Antworten, dass aber in vielfachen
verschiedenen Systemen, die oft jedes für sich steht.
Hier kommt, auch das nimmt Pleger, wie alles andere im gesamten Werk auch,
sorgfältig und nachvollziehbar auf, die Frage der
"Verantwortlichkeit" und damit die nach der dafür zuständigen
"Instanz" auf und zieht so seine einführende Darstellung von der
"antiken Glücksethik" (Glück nicht als Gefühl, sondern als
umfassenden "Zustand" dabei gesetzt) über die
"Vernunftethik" (in der mittelalterlichen Reibung von
"Glaube" und "Vernunft" entstanden, zur "Moral (Ethik
und Metaethik), stellt die "Praktische Vernunft" als
"Pflichtethik " vor Augen und geht der Frage nach dem "höchsten
Wert" (Das Leben an sich?) gründlich nach. Ebenso finden im Werk die
allgemein, statt (nur) individualistisch, angelegten Konzepte von
"genetischen Konzepten der Ethik", Moral, radikaler Moralkritik und
politischer Ethik ihren Platz, flüssig in der Form und verständlich in den
Argumenten dargestellt.
Damit erfüllt Pleger zunächst die vorrangig von ihm gestellte Aufgabe, die
wesentlichen Konzepte der Ethik aus der Historie heraus verständlich zu
erläutern. Dabei eröffnen griffige Zitate jedes Kapitel und führen den Leser
weiter zum Kern des jeweiligen Systems, das Pleger im historischen Kontext
verankert und damit Geschichte und Systematik der einzelnen ethischen Konzepte
in gleicher Weise zum Tragen bringt.
Das Buch endet allerdings nicht ohne eine, gelungen nachvollziehbare und dennoch
natürlich je individuell zu beantwortende, Symbiose der vielfachen ethischen
Konzepte zu einem Konzept des "guten Lebens als vernünftige
Identität". Ein Konzept, in dem die eigene, sorgsam abgewogene Haltung
Plegers ebenso deutlich wird, wie er Vorgaben zur bestmöglichen Umsetzung in
der Vermittlung anführt. Ein Konzept, bei dem Pleger dezidiert die
"Dialektik" als "Vermittlung von Gegensätzen" zu Grunde
legt und damit einen der Fehler vieler anderer Konzepte (sich in ein sich nicht
widersprechendes Ganzes einfügen "zu müssen" und damit
"absoluten Wahrheitsanspruch" und, nicht selten, eine "Beugung
unbequemer Fakten, die nichts ins System passen") elegant und
nachdenkenswert vor die Augen des Lesers führt.
Fazit
Eine rundweg zu empfehlende Lektüre, die zum einen in die wesentlichen Konzepte
der Ethik einführt, zudem Begrifflichkeiten schärft und voneinander trennt
("Ethik" und "Moral" zum Beispiel) und zudem, als Ausblick,
ein System an die Hand gibt, in dem ein "dialektischer Pragmatismus",
durchaus überzeugend, als (praktische) Anregung zum "guten Leben" dem
Leser zur Verfügung gestellt wird.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 23. Februar 2018 2018-02-23 10:17:29