Was zu Beginn bayrisch-gemütlich wie die "Polizeiinspektion 1"
daherkommt, wird von Seite zu Seite immer rasanter, kniffliger bis hin zu
atemberaubend. Im Umfeld einer Demonstration wurde ein Polizist ermordet. Seine
Kollegen haben verschiedene Gruppen zu ermitteln: linke Demonstranten, eine
Sondereinheit speziell für Demos, sogar der Staatsschutz tritt auf den Plan.
Hinzukommt, dass das Opfer vor Monaten bei einem Einsatz ein Mädchen erschossen
hat.
Neubauer hat ein enges Beziehungsgeflecht der Figuren geschafft. Traumatisierte
Kollegen im Polizeiumfeld, die sich vor lauter privaten Problemen nicht auf die
Ermittlungen konzentrieren können. Nahezu jede Figur trägt ihr besonderes
Päckchen mit sich herum. Falsche Verdächtigungen, die das Engagement der
Ermittler ausbremsen. Das zieht den Leser in den Roman hinein. In diesem
Beziehungstrudel bleibt vieles offen. Gerne möchte man zur einen oder anderen
Figur mehr erfahren. Doch die Autorin bleibt es dem Leser schuldig, hält sich
dies für eine mögliche Fortsetzung warm. Aus Sicht der Spannung liebenden
Leser ist dies klasse gemacht, aus Sicht der abschließend befriedigten Leser
ein klein wenig enttäuschend.
Das Lokalkolorit ist angemessen, nicht zu sehr regio, aber ausreichend, um dem
Leser erkennen zu lassen, das es nicht in Hamburg oder Berlin spielt. Was mich
fasziniert hat, war das sofortige Gefühl, dass ich es mit einem Münchner Krimi
zu tun hatte. Das eingangs erwähnte "bayrisch-gemütlich" empfand ich
sehr schnell. Ob es an einzelnen Floskeln, an den Namen der Orte und Plätze,
oder nur an der Erwähnung in den Beschreibungen lag, vermag ich nicht zu sagen.
Ich habe mich trotz der ersten schnellen Leiche sofort wohlgefühlt in dem
Stoff.
Fazit
Ein empfehlenswerter Kriminalroman, dem man sein Tempo auf den ersten Blick
nicht ansieht.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 22. Februar 2018 2018-02-22 11:21:58