Ein kultureller Status Quo
"Kein Land auf der Welt gibt so viel Geld für die Künste aus und hat eine
so dichte Kulturlandschaft wie Deutschland".
Was mit dem Gedanken einer "nationalen Einheit" selbst zu Zeiten der
"Kleinstaaterei" eng verbunden ist und bis zum heutigen Tag der Kultur
einen zentralen Stellenwert in der Gesellschaft einräumt (und bis dato
finanziell auch relativ garantiert). Und in diesem kulturellen Leben und
Schaffen nimmt traditionell die Oper und die Opernhäuser (mit im Vergleich den
höchsten Personalkosten im Rahmen kultureller Institutionen) einen
herausragenden Platz (mit) ein. Was aber steht an, gerade für die Oper? Ein
gewisser Publikumsschwund ist aktuell nicht zu übersehen, Sparmaßnahmen werden
gefordert, Fördergelder gekürzt. Oder deutet der weltweit verbreitete Bau
neuer Opernhäuser und Konzertsäle, oft zugleich neue Wahrzeichen der Städte,
auf eine "verheißungsvolle Zukunft"?
Fragen, denen das Buch mit seinen diversen Autoren strukturiert und fundiert
nachgeht. Gerade im Blick auf das, was die Zukunft der Oper wirklich ausmacht,
die "Gesellschaft", in der, Generation für Generation (und in der
Gegenwart besonders erforderlich) sich die Kunst immer wieder neu installieren
muss, will sie überleben. Gelingt es, jüngeres Publikum schon im Kinderalter
durch besondere Maßnahmen anzusprechen? Welche Bedeutung hat die Oper (noch
oder überhaupt) gesamtgesellschaftlich? So wird der Rezipient, das Publikum
zunächst und dann darüber hinaus in diesem Werk Teil einer empirischen
Untersuchung, die auch einen objektiven Blick in Ansätzen zumindest erlaubt.
Folgerichtig wendet sich das Werk dann auch nicht einer
"Opern-Theorie" zu, sondern legt die "Wechselwirkungen zwischen
Oper und Gesellschaft" als ersten Hauptteil zur Grundlage. Verfolgt im
Weiteren, wie "Gesellschaftliche Umbrüche und Transformationen"
inklusive "Saalschlachten in Oper und Konzert" durch, mit und um die
Oper als Institution sich gesellschaftlich niederschlugen und wirft im dritten
Hauptteil dann einen differenzierten Blick auf die Rahmenbedingungen der Oper
mitsamt der Erkenntnis, dass sich das Publikum der Oper doch in wichtigen
Motivationen und Haltungen "von anderen Kulturpublika unterscheidet".
Was letztlich zur differenziert dargelegten Diskussion der "Motive des
Opernbesuches und ihre soziokulturellen Prägungen führt".
Insgesamt also findet der Leser im Werk nicht eine weitere Darlegung von Musik,
Komponisten, Bedeutungen bestimmter Opern, sondern eine, im Stil eher trockene
und mit Statistiken versehene Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Oper und
Gesellschaft, der Folgerungen aus dieser Wechselwirkung mitsamt Ideen und
Anregungen für eine einerseits Bewahrung von Traditionen und andererseits eine
Transformation der Formen im Anblick sich ändernder Ansprüche und
Verhältnisse. Eine Klärung "auf der Grundlage repräsentativ angelegter
empirischer Erhebungen", sollen "die ästhetisch-kulturellen
Bedürfnisse der Zuschauer zum Thema gemacht werden" bis hin zu aktuell
ablesbaren "Inszenierungspräferenzen".
Fazit
Somit bietet das Werk zum einen einen Beitrag zur sozialkulturellen
Wissenschaftsdiskussion, und zum anderen handfeste empirische Erkenntnisse für
im Bereich Schaffende und Verantwortliche, "Ihr Publikum" besser
einschätzen zu können. Das ist im Werk gründlich und in den Methoden dann
überzeugend gelungen, bietet aber keine leichte Lektüre "für
nebenbei", sondern Bedarf des Interesses am Thema und einer konzentrierten
Lesehaltung.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 09. Februar 2018 2018-02-09 11:56:41