Eine Ode an die Musik….und die Kraft der Liebe
Nach einem solch fulminanten Debüt, wie es Rachel Joyce mit ihrem ersten Roman
gelungen ist, darf man gespannt sein, ob sich die Poesie und Qualität dieses
ersten Romans auch in diesem nun neuen Werk der Autorin widerspiegelt. Und,
vorweggesagt, nach einem eher ruhigen Beginn, fesselt "Mr. Frank" den
Leser durchweg in bester Weise. Und trotz des eher kitschig anmutenden Endes und
einer emotional doch eher schlicht anmutenden "Erweckung" in eben
diesem Ende, bietet der Roman sprachkräftige Bilder, einen sensiblen Zugang zu
den vielfachen Personen (jede mit spürbarer Hingabe differenziert gestaltet)
und eine innere Entfaltung von Musik in vielfacher Form, die einfach in den Bann
schlägt.
"Vinyl über alles". Das ist das Motto dieses kleinen, sich gerade so
tragenden Plattenladens, den Frank führt. In besonderer Weise führt. Den
aufgrund seiner eigenen, bitter-süßen Lebensgeschichte hat Frank eine Gabe.
Höchst empathisch fühlt der Mann, was der jeweilige Kunde "eigentlich
benötigt". An Musik. Die selten in Romanen als so lebensverändernd und
lebenseingreifend ihren Platz findet, wie in diesem Werk. Musik mit und für die
Seele. Und das geht, so das Credo Franks, nur mit der warmen Atmosphäre
"echter Schallplatten". Dann aber werden Ehen neu befruchtet,
Lebensfragen plötzlich geklärt, Entscheidungen vorbereitet. In den beiden
Kleiderschränken, die Frank zu Räumen des "Probe-Hörens" umgebaut
hat. Mit seinem Angestellten Kit, der überaus unpraktisch veranlagt ist, der
neuen "Einschweißmaschine", die mit Vorsicht behandelt werden sollte,
mit Maud, der ruppigen Friseuse, die im Geheimen ein Gefühl mit sich trägt, in
dieser kleinen Sackgasse mit den abgeranzten Geschäften, die in ihrer Existenz
durch einen Bauträger zudem ebenso bedroht wird, wie durch den maroden Zustand
der Gebäude.
Detailreich lässt Joyce dabei den Leser intensiv in die Gebäude, die Personen,
das andersartige Leben in diesem Biotop eintauchen und führt mit der "Frau
in Grün", der Deutschen Ilse, zudem ein zu lüftendes Lebensgeheimnis ein,
dass den Leser durchweg in der Lektüre "bei der Stange hält". Vor
allem, weil für Frank, den stets ausgeglichenen, offenen, hilfsbereiten Mann
eines auf jeden Fall gilt: "Niemals will er lieben!". Warum nun jene
Ilse nie die Handschuhe ablegt, was es mit einem ominösen Verlobten auf sich
hat und wie sich langsame Annäherung, Drama und Jahre der inneren Leere am Ende
miteinander Verbinden und eins zum anderen kommt, das ist hervorragend und
emotional dicht im Roman zu lesen.
"Ich habe in einem Van meine ganzen alten Platten mitgebracht. Aber
Kassetten (und CDs!) werde ich nicht verkaufen. Die haben für mich keinen Reiz.
Ich verkaufe nur Vinyl".
Fazit
Am besten zu hören flach auf dem Boden liegend. Und wer Vögel in den
"vier Jahreszeiten" hören will oder Beethovens
"Mondscheinsonate" wirklich verstehen möchte und "Aretha"
in ihrer vollen Wirkung nachfühlen möchte, der kommt an Frank und diesem Buch
nicht wirklich vorbei.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 10. Januar 2018 2018-01-10 14:05:31