Im Jahr 2045 sind infolge von Kriegen und der Auswirkungen des Klimawandels mehr
als 70 Millionen Menschen auf der Flucht. Durch die Migration blüht der
Menschenhandel, während die Fruchtbarkeit der menschlichen Rasse durch die
Folgen früherer Biowaffenangriffe stetig sinkt. Datenmaterial und Eizellen der
Heimatlosen dienen als begehrte Handelsware. Die Menschheit ist geteilt in
rechtlose Arbeitssklaven, speziell für diesen Zweck gen-editiert, und die
Schicht derer, die per Genmanipulation bereits im Embryonalstadium für ihr
eigenes Kind maximale Qualität beanspruchen. Singapur hat längst Silicon
Valley als Schmiede neuer Technologien abgelöst, Urban Farming in Hochäusern
und in Form gezüchtete Möbel sind Standard in den Metropolen der Zukunft.
Weil per UN-Konvention streng reglementiert wird, welche Genstörungen behandelt
werden dürfen, verkaufen illegale Gen-Labore in Asien, was ihre Klienten
wünschen. Eine Lebensverlängerung um 30 Jahre, Intelligenz-Booster, alles kein
Problem, wenn man sich eine Gen-Editierung leisten kann.
Interpol recherchiert einer Entwicklung hinterher, die völlig aus dem Ruder
gelaufen scheint. Für die Genetic Crime Division der amerikanischen Behörde
entwickelt Kenneth Durand den entscheidenden Algorithmus, um einem extrem
lukrativen illegalen Gen-Labor auf die Spur zu kommen. Ken und seine Frau haben
selbst die Gene ihrer Tochter im Embryonalstadium editieren lassen und ein
kleines Robotik-Genie in die Welt gesetzt. Interpol interessiert sich besonders
für die Gang hinter den Trefoil Labs, deren Mitglieder angeblich so schnell
sterben und durch Nachfolger ersetzt werden, dass eine Verfolgung durch Interpol
bisher stets im Sande verlief. Doch der Bande gelingt es, Durand durch eine
Editierung weniger Gene äußerlich in Marcus Wyckes zu verwandeln, den Kopf der
Bande. Anstatt Wyckes zu jagen, wird Durand selbst zum weltweit Gejagten. Wenn
Menschen nicht mehr eindeutig zu identifizieren sind, steht der Zusammenbruch
der öffentlichen Ordnung kurz bevor …
An der Rolle der USA als Weltpolizei scheint sich 30 Jahre nach unserer Epoche
kaum etwas verändert zu haben, noch immer wird im fernen Ausland heldenhaft
das Böse bekämpft. Dass Durands Weltsicht als weißer amerikanischer
Oberschichtangehöriger sich gegenüber dem heutigen Niveau kaum verändert zu
haben scheint, wirkt am Ende weit gespenstischer als die Gen-Experimente in
Singapurs Hinterhof-Laboren.
Fazit
Suarez fährt in seinem SF-Thriller ein beeindruckendes Arsenal an
Zukunftstechnologie auf und nutzt für seinen spannenden Plot geschickt die
heute bereits abzusehenden, schier unkontrollierbaren Flüchtlingsströme. Mit
Pflegerobotern und grenzenloser Gen-Veränderung finden sich einige der
übelsten Alpträume für unsere Zukunft. Der Koreaner Yi, DI Marcotte, die
selbst als Kind aus dem Sudan als Haushaltssklavin verkauft wurde, Otto, dem
leider keine Gen-Editierung zur Verfügung stand, und Schwarzmarkt-Genetiker
Desai bilden neben Durand die geschickt angelegte Besetzung des temporeichen
Thrillers.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 10. Dezember 2017 2017-12-10 08:20:02