Interessante und umfassende Herangehensweisen an ein existenzielles Thema
Solide forschend, so könnte man Burdicks wissenschaftsjournalistischen Ansatz
zunächst bezeichnen. Denn weniger in philosophische Weiten schweift sein Blick
vorrangig (auch wenn dies durchaus an manchen Stellen im Buch mitschwingt, sich
solche Fragen im Blick auf das "Objekt der Betrachtung" miteröffnen),
sondern "fokussiere ich mich hier im Wesentlichen auf Forschungen, die das
menschliche Verhältnis zur Zeit mithilfe von Experimenten begründen"
(wobei er inhaltlich zur Einführung durchaus zunächst auf Augustin
reflektiert). Nur grob untergliedert in vier Kapitel kommen so mitunter
verblüffende Erkenntnisse zum Vorschein. Auch wenn es allgemein bekannt ist,
ist es dem Menschen dennoch schwer vorstellbar und kaum denkbar, dass
"davor", vor der Entstehung des Universums, erst mit diesem die Zeit
als Faktor auftrat.
"Am Anfang oder kurz davor gab es keine Zeit".
Was dann noch verblüffender sich in jenem Experiment darstellen wird, in dem
Burdick "zurück in der Zeit" gehen wird. Vom persönlich wirkendem
Umgangston sollte der Leser sich dabei nicht in die irre führen lassen. An den
entsprechenden Stellen wird es durchaus komplex und kompliziert, gerade wenn es
an die Beantwortung der Frage geht, "warum die Zeit verfliegt". Denn
dies hängt in entscheidendem Maße davon ab, "welche Zeit man meint".
Und so ziehen die Kreise des Buches sich nach all den Experimenten nach der
"genausten Zeit" und eben, vor allem, wie der Mensch die Zeit immer
subjektiv empfindet und warum das so ist durchaus in sehr persönliche Kreise
hinein. Einblicke, die an manche uralte Worte mit erinnern.
"Werdet wie die Kinder", steht in der Bibel. Und verblüffend zu lesen
ist, dass der Mensch eben nicht mit einem "Zeitgefühl" geboren wird
und Dinge wie Vergangenheit und Zukunft und damit die eigene Bewegung auf einer
"begrenzten" Zeitschiene erst im späteren Kindheitsalter dem Verstand
begreiflich werden. Somit ist die frühe Kindheit tatsächlich von ganz anderer
"Zeitqualität" als das darauffolgende Leben und vielleicht mehr
"in eins" mit allem, was zu dieser Zeit im Leben geschieht.
Interessante Einblick, die etwas dennoch einfach Altbekanntes auf den Punkt
bringen. Die Zeit bleibt gleich. Nur das Empfinden der Zeit gegenüber ist
Veränderungen unterzogen. Und auch hier überrascht das Experiment. Subjektiv
empfinden Menschen in so gut wie jedem Alter (eben nicht nur in "dem
Alter") das Vergehen der Zeit in "gleicher Geschwindigkeit".
Nämlich "Schnell". Vielleicht mag mit dem Blick auf eine kürzere
Zeitlinie nach vorne im höheren Alter ein "zu schnell" daraus werden.
Fazit
Obwohl das Ergebnis am Ende bekannt ist, der Weg dorthin liest sich im Buch
informativ, mit vielen neuen Erkenntnissen und lässt den Leser deutlich klüger
zurück in Bezug auf das Vergehen der Zeit im wissenschaftlichen Sinne. Eine
Lektüre, die gut geschrieben ist, die erhellt und tatsächlich Freude bereitet.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 27. November 2017 2017-11-27 08:50:26