Psychologisch intensiv, aber für den erfahrenen Thriller Leser zu
vorhersehbar
Ein Paar auf der Fahrt. Man kenn sich noch nicht lange und in- und auswendig,
aber gut genug, um sich der Familie so langsam vorzustellen. Wenn aber der erste
Satz des Thrillers bereits lautet (aus Sich der jungen Frau gesprochen):
"Ich trage mich mit dem Gedanken, Schluss zu machen", dann relativiert
sich diese Fahrt doch überaus. Vor allem, wenn im weiteren Verlauf der Lektüre
(die aus den Eindrücken und Gedankengängen, aus Rückblicken und Dialogen vor
allem aus Sicht der Frau geschildert wird) dieses "Schluss machen"
mehr als nur eine konkrete Bedeutung erhält und auch im Mann am Steuer, Jake,
nicht unähnliche Gedanken zu finden sind.
"Vielleicht hätte ich wissen müssen, was für ein Ende es mit uns nehmen
würde. Vielleicht stand es von Anfang an fest".
Die Frage aber ist, warum man dann in vertrauter Zweisamkeit diese Fahrt auf
sich nimmt, die ja eigentlich vom Sinn her der Beziehung mehr an Zukunft gegeben
soll und nicht als "Abschiedstournee" gedacht ist. Wobei in
Zusammenhang mit dem ersten Satz, jenem "Schluss machen" und die
Ahnung, wie dass Ende aussehen soll, einem erfahrenen Thriller Leser, gerade
solcher Thriller, die "quer-denken", die mit den Ebenen der
Wirklichkeit zu spielen wissen, von Beginn an eine Ahnung gibt, worauf die
gesamte Geschichte hinauslaufen könnte.
Vor allem in jener Szene, in der ein "Stalker" eingeführt wird. Die
junge Frau erhält seit einiger Zeit Nachrichten. Aber nie direkt, sondern immer
nur auf Ihrer Voice-Box. Von einer ganz besonderen Nummer. Nach einer ersten
Irritation des Lesers angesichts des Absenders der Nachrichten fügt sich hier
bereits das eine zum anderen und mehr als eine Ahnung tritt in den Raum, was
zwischen den beiden, mit den beiden und um die beiden herum "Sache"
sein könnte.
Der Weg zur Auflösung in einem mitreißend geschilderten und
gruselig-spannenden Finale in einem Schulgebäude aber ist dafür gespickt mit
psychologischen Feinheiten und einer immer stärker sich aufbauenden Spannung in
diesem Fahrzeug, zwischen den beiden "Liebespartnern", in dieser
düsteren, verlassen wirkenden Landschaft. Immer wieder gelingt e Reid, den
Figuren neue Wendungen zu entlocken, neue, überraschende Geheimnisse mit in den
Raum zu legen.
"Bleibt nur eine Frage". Damit meldet sich mehr und mehr jener dubiose
"Stalker". Und treibt damit die Anspannung zwischen Mann und Frau
voran. "Ich merke, wie meine Angst zunimmt. Es wird Zeit für eine
Antwort" - die kommen wird. Anders, als man lange Denken mag, auch wenn man
ahnt, wie Mann, Frau und Stalker letztendlich eigentlich eng zusammengehören
werden. Was in einem kleinen Café am Rande der Strecke noch einmal kulminieren
und damit den Beginn des Finales im Buch einläuten wird.
Fazit
Spannend und raffiniert, aber auch im Stil ein wenig eintönig und ebenso unter
einem bestimmten Blickwinkel gelesen zu vorhersehbar. Dennoch mit einem überaus
spannend gestalteten, fast gruseligem Ende und dem dichten Eintauchen in die
innere Dynamik der Figuren durchaus lesenswert.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 20. November 2017 2017-11-20 12:20:56