Vorab sei gesagt: es handelt sich um ein finsteres, seltsames Buch. Die knapp
dreihundert Seiten werden auf die meisten Leser nicht nur eine tiefe, sondern
auch eine länger anhaltende Wirkung haben. Aber ob man das Buch nun mag oder
nicht: dem Sog der Geschichte kann man sich nur schwerlich entziehen.
Erzählt wird auf parallelen Ebenen. Da ist zum einen die Schriftstellerin mit
dem sprechenden Namen Nada (= Nichts), die seit ihren frühen Kindheit das
Gefühl hat, ihre Seele sei verstimmt. In der Musik bezeichnet man eine solche
Verstimmung der Saiten als "Scordatura".
Akribisch beschreibt Nada ihr Anderssein und ihren Lebensschmerz in ihrem
Tagebuch. Unterbrochen werden diese aufwühlenden Beschreibungen von einzelnen
Kapiteln eines historischen Romans, an dem Nada arbeitet. Diese
Parallelgeschichte erzählt von dem Zwillingspar Barbe und Barnabé, die zur
Zeit Ludwigs des XIV leben und sofort nach ihrer Geburt getrennt werden. Die
tragische Geschichte der fremdbestimmten Zwillinge, die dem Schicksal hilflos
ausgeliefert sind, korrespondiert stark mit dem Leben der Protagonistin, die
sich als Frau der Neuzeit zwar völlig andersgearten Problemen ausgesetzt sieht,
aber dem Leben ähnlich machtlos gegenübersteht.
Ein weiterer ungewöhnlicher Aspekt des Romans sind Nadas innere Dialoge mit
ihrem, wie sie ihn nennt, Daimon. Hier findet der Machtkampf, den Nada in ihrem
Inneren führt, einen deutlichen Ausdruck.
Das Mosaik aus diesen drei Einzelteilen lässt sich leicht kombinieren und
ergibt einen brillianten Roman, in dem verschiedene Stilmittel verbunden wurden.
Man kann ihn als fesselnden Roman lesen, der einen ein paar Stunden lang
vorzüglich unterhält - aber auch als Text, der viele Verknüpfungen enthält
und zahlreiche Möglichkeiten zur Interpretation bietet.
Nancy Huston wurde 1953 in Calgary/Kanada geboren und lebt inzwischen in Paris.
Für "Instrumente der Finsternis" erhielt sie den Prix Conourt de
lycéens und den Prix du Livre Inter. Sie ist mit dem bulgarischen
Wissenschaftler und Schriftsteller Tzvestan Todorov verheiratet.
Fazit
Ungewöhnlich aufgebaut - dunkel und durchaus fesselnd...
Vorgeschlagen von Heide John
[Profil]
veröffentlicht am 05. April 2004 2004-04-05 11:26:27