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Charles Lewinsky: Der Wille des Volkes

Der Wille des Volkes

von Charles Lewinsky
Verlag: Nagel & Kimche Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Krimi
ISBN-13 978-3-312-01037-0

Preis: 11,30 Euro bei Amazon.de [Stand: 23. November 2024]
Ein Blick in eine mögliche, nahe Zukunft im Gewand eines (ruhigen) Kriminalromans

Mit immer wieder "Schweizer Spezial-Ausdrücken" und bildreich geschilderten Szenen in Straßen, Häusern, kleinen und großen Ortschaften bis hin zur Fahrt mit Tram und Taxi gelingt es Lewinsky von Beginn an spielerisch leicht, den Leser mitten hinein in diese Schweizer Welt zu ziehen. Zudem, zunächst noch eher überlesen, dann ein wenig irritierend, bis man es vollständig verstanden hat (selbstfahrende Trams und Autos), entpuppt sich das zunächst gemächliche "Pensionärs-Leben" des ehemaligen Journalisten Kurt Weilemann als ein stückweit in die nähere Zukunft gesetzt.

Dem nicht nur die veränderten Alltagsbedingungen eine besondere Farbe verleihen, sondern die letztendlich das gesamte Gerüst und den Kern des Romans ausmachen werden. Denn wenn sich Weilemann mit einem alten "Konkurrenten" verabredet, dieser scheinbar sinnloses Zeug vor sich hin brabbelt und knapp 45 Minuten später tot ist (Selbstmord nach offizieller Lesart). Wenn dieser "Konkurrent" mithilfe einer bezaubernden, jungen Frau und einer irritierenden Fotografie auf einen Kriminalfall von größter Tragweite verweist und wenn dann auch noch klar wird, dass genau jene nationalistischen Strömungen in der Schweiz seit zig Jahren an die Macht gelangt sind, die aktuell weltweit "wiederauferstehen", dann erst beginnt sich beim Leser mehr und mehr Beklemmung einzuschleichen.

Die bis zum Ende des Romans nicht enden wird. Seien es rechte Kräfte in Frankreich, in Deutschland, sei es die Linie von Erdogan in der Türkei, all dies setzt Lewinsky in ruhigem Erzählfluss zu einem Gesamtbild zusammen, dass sich Seite für Seite mehr als nurmehr eine Fratze von Demokratie darstellt. Und dabei nicht stehenbleibend schaut Lewinsky allen Protagonisten zumindest ein stückweit in die "völkische Seele" und lässt den Leser immer wieder in die naiven Fallen tappen. "Vollsühne". Aha. Klingt ja eher possierlich, bis man weiß, was damit gemeint ist.

Und ein Ordnungsamt, das hat doch jede Kommune, jede Verwaltung. Wohl aber nicht so eines, in dem Weilemanns Sohn (mit dem er ein sehr angespanntes Verhältnis pflegt) einen hohen Rang bekleidet. Und auch mancher "Billett-Kontrolleur" in der Bahn weckt im Nachgang ungute Erinnerungen aus dem Geschichtsunterricht aus den Zeiten vor 1945. Diese Welt setzt Lewinsky in eleganter Sprache bestechend in Szene. Was allerdings in der Breite der Beschreibungen auch manche Längen mit sich bringt. Jene "Mehrfach-Witwe" mit ihrer Sammlung an "Kantons-Ansteckern" zumindest stört fast den Ablauf mehr, als dass diese eine Bereicherung für die Lektüre darstellen würde.
Fazit
Mit zügigem Tempo dann wieder aber nähert sich Lewinsky mit einer überraschenden "Offenbarung" eines senil wirkenden Schriftstellers dem Finale des Buches, das ebenfalls Erwartungen durchbricht und eine Strategie vollständiger Kontrolle und "genialer" Inszenierung fast ohne Achillesferse einer Herrschaft durch "Volkskontrolle" perfide vor Augen führt. Eine empfehlenswerte Lektüre.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne
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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 22. September 2017

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