Aufgefallen sind die Machenschaften einer weltweit operierenden Betrügerbande
durch einen Zufall. Eine Frau war in ihrer Wohnung verhungert aufgefunden
worden und ihr Bankkonto wies Umsätze auf, die sie selbst kaum veranlasst haben
konnte. Offensichtlich ist dieser Todesfall erst die Spitze eines Eisbergs. Die
Identitäten oder Konten von älteren und hilflosen Personen wurden für
Betrügereien genutzt, die in der Region Cardiff gewaltige Schadenssummen in den
betroffenen Unternehmen verursachen. Das Controlling der Firmen steht den
Vorgängen hilflos gegenüber. Weil das Betrugsdezernat schwach besetzt ist,
wird die junge Ermittlerin Fiona Griffiths in dem Betrugsfall eingesetzt.
Zunächst ist Fiona genervt; denn Betrugsfälle bringen viel Arbeit und wenig
Ansehen ein. Als sie jedoch - frisch vom Lehrgang zurück - als
Undercover-Agentin Fiona Grey in ein Unternehmen eingeschleust wird, erweist
sich die in ihrem Verhalten etwas schwierige Fiona als seltener Glücksfall.
Anders als ihr Kollege Roy, der ebenfalls undercover eingesetzt wird, zeigt
Fiona eine erstaunliche Begabung im Umgang mit Zahlenkolonnen und Tabellen.
Undercover-Arbeit ist selten glamourös und die Suche nach dem Kopf hinter der
Betrugsserie erweist sich für Fiona als ausgesprochen gefährlich. Wie wird sie
aus dieser Geschichte wieder herauskommen?
Als Icherzählerin kommt Binghams Tortured Heroine meist direkt und prägnant
auf den Punkt, zeigt aber auch Symptome einer psychischen Erkrankung. Fiona
Grey bekommt Dinge in den Griff, die Fiona Griffiths nicht packen würde. Teil
ihrer schwierigen Biografie bilden die schillernde Persönlichkeit von Fionas
Vater und das fraglos kriminelle Milieu, in dem sie aufwuchs. Fionas psychische
Verfassung ist bei ihrer Undercover-Tätigkeit ihr Kapital und ihre Schwäche
zugleich. Diplomatisch könnte die junge Polizistin als verhaltensoriginell
bezeichnet werden. Selbst wenn Fiona im Recht ist, fragt man sich als Leser
manchmal, ob sie unbedingt so direkt sein muss. Der Übergang zwischen
Identität, Legende und psychiatrischer Diagnose verläuft bei ihr fließend.
1. alt:
Totenklage, neu:
Fiona. Den Toten verpflichtet
2. alt:
Totenspiel, neu:
Fiona. Das Leben und das Sterben
Fazit
Neben dem originellen Kriminallfall fesselt in Harry Binghams drittem Band mit
Fiona Griffiths die ungewöhnliche Persönlichkeit seiner Ermittlerin, in der
Undercover-Legende und persönliche Verletzung verschwimmen. Das Rätseln um
den Einfluss ihres kriminellen Vaters gibt dem Roman eine eigene Spannung. Fiona
gibt das Tempo vor, und sie ist immer dann erfolgreich, wenn sie ihren Dickkopf
durchsetzen kann. Den Bezug des Klappentexts auf Lisbeth Salander hat Fiona
sicher nicht nötig.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 22. September 2017 2017-09-22 08:13:19