Brechen mit Erwartungen
Gut, auch im neuen Roman von Grisham geht es um eine Straftat. Auch in diesem
folgt Grisham seiner einfachen, aber klaren, direkten und damit auch
(weitgehend) temporeichen Sprache. Und auch das Talent Grishams, Personen
überaus lebendig und differenziert zu entfalten ist in diesem Roman von der
ersten bis zur letzten Seite im Raum. Dennoch, in seinem neuen Roman sind die
Thriller-Anteile des überwiegenden Werkes von Grisham eher nur der Rahmen, in
dem sich eine Geschichte von "enger" Liebe (zur Literatur),
"weiter" Liebe (zueinander und zu so manchen anderen),
"grundsätzlicher Liebe" (in Bezug auf die eigene, familiäre
Prägung) und "suchende Liebe" (nicht zueltzt und gerade auch zu sich
selbst), mit eher am Rande mitlaufenden krimineller Energie paart.
Was schon daran festzumachen ist, dass die "harte Gang", die den
Kunstraub begeht, weitgehend nachrangig im Roman vorkommt und die
"Bedrohungslagen" für den Leser nicht unbedingt Hochspannung
enthalten. Dass aber sowohl der Raub wie auch eine der beiden Hauptfiguren, der
Buchhändler, Playboy, Geschäftsmann und "fast offizieller" Ehemann
einer attraktiven Antiquitätenhändlerin Bruce Cable ganz in der Tradition der
"Gentlemen-Betrüger" alle aufs Kreuz legt (und das, was die zweite
Hauptperson des Werkes angeht, auch wörtlich) und das sehr durchdacht von
Grisham in Szene gesetzt wird, das versöhnt sicher durchaus den ein oder
anderen Fan der Thriller des Autors.
"Na also, da ist er ja, Gatsby, der alte Schweinehund".
Wer sich nun aber auf die anderen, wesentlichen Perspektiven des Werkes
einlässt, die Liebe zu Büchern, zu "Erstausgaben", wer dann Grisham
folgt bei einigen "Autorentreffen" mit einem genauen und ironisch
gefärbten Blick hinter die Kulissen der Literaten, der Verlage, der Lektoren
und der Buchhandlungen, der kommt mehr und mehr auf seine Kosten. Nach einer
Weile der "Umgewöhnung" zu den hier vorherrschenden Themen (zu denen
in nicht geringem Maße auch ein "Plädoyer für offene Beziehungen"
gehört), liest sich der Roman flüssig und als Page-Turner.
Und, ebenso anders als in anderen "Jagden auf Kriminelle", nachdem der
Leser die handelnden Personen mehr und mehr kennengelernt hat, ergibt sich eine
hohe Sympathie für den Dreh- und Angelpunkt, für diesen "Verbrecher aus
Liebe". So hofft man den gesamten zweiten Teil des Romans hindurch, dass
er, trotz des sich stetig enger zusammenziehenden Netzes der (privaten und
behördlichen) Ermittlungen davonkommen möge. Was sich erst am Ende des Werkes
dann klären wird. In einem eher ruhigen, betrachtenden und dennoch kurzweiligen
Ablauf der Ereignisse in der Welt der geschriebenen und dann, wichtig,
gedruckten Wörter.
"Amazon hat mir vor Jahren eins von den Dingern gegeben. Ich konnte mich
einfach nicht konzentrieren. Vielleicht bin ich voreingenommen" - Was
natürlich offenkundige Gründe hat.
Fazit
Eine anregende, andersartige, wunderbar erzählte Lektüre die allerdings auch
in einigen Teilen zu ruhig und fast belanglos dahinplätschert, bis das Tempo
(immer wieder) anzieht.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 12. September 2017 2017-09-12 12:46:40