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Brian van Reet: Beute

Beute

von Brian van Reet
Verlag: Rowohlt Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-498-05808-1

Preis: 19,95 Euro bei Amazon.de [Stand: 22. November 2024]
Brian van Reets Roman über den Irakkrieg stellt mehrere Figuren in den Mittelpunkt: die US-amerikanische Soldatin Cassandra, Sleed, Sergeant einer Panzereinheit, den Mudschaheddin Abu al-Hul, dessen Gegenspieler Dr. Walid und den Jungen Haider. Über Cassandras Kriegseinsatz berichtet ein auktorialer Erzähler, Sleed erzählt persönlich und auch Abu al Hul tritt als Icherzähler auf, so dass er bis zum Ende der Romanhandlung noch immer mit Details zu seiner Person überraschen kann.

Wie auf einem Zeitstrahl geht es zunächst zurück zu Cassandras Ausbildung. Sie tritt mit 18 in die Army ein, um einem trostlosen Leben in der Provinz zu entgehen und ohne zu ahnen, dass sie damit aus einem harten Leben in ein noch härteres fliehen wird. Der Ausbildungsabschnitt in Kuwait konfrontiert sie mit den aberwitzigen Schwächen eines hochtechnisierten Wüstenkrieges. Die Soldaten sind für diesen Einsatz unzureichend ausgebildet und ausgerüstet, der Berg an Ausrüstung macht sie unbeweglich. Aushalten können sie das Leben mit Sack und Pack in einem Humvee nur mit der "Pferdepille", den allgegenwärtigen Psychopharmaka. Cassandra durchschaut die Zusammenhänge, hat jedoch keine andere Wahl. Von Beginn ihrer Dienstzeit an ist die Soldatin mit Gewalt gegen Frauen innerhalb der Armee konfrontiert. Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen zeigt sich widersprüchlich, wenn einerseits Mutterfiguren fehlen, um männliche Aggressivität im Zaum zu halten und andererseits Kameraden Cassandra beschützen wollen. Die Erzählerstimme nimmt alle Schwächen des Kriegsgeschäftes wahr und bohrt aus der Distanz tiefer nach. Beim Einzug nach Bagdad kommt es zur Begegnung mit dem kleinen Haider, bei der Cassandra sich fragt, was für Eltern so kleine Kinder im Krieg draußen herumlaufen lassen. Die Amerikaner müssen erkennen, dass ihre so genannten interkulturellen Trainer keine Ahnung hatten; denn diese Bilder Bagdads haben sie sicherlich nicht gesehen.

Abu al-Hul, der Emir der Mudschaheddin-Kämpfer, nimmt als Freiwilliger, eher als religiös motivierter Söldner, am Kriegsgeschehen teil und ist bereits Veteran des Afghanistan-Krieges. Seine Herkunft und Motive werden erst in kleinen Schritten aufgedeckt werden. Abu al-Hul zeigt sich dabei als an seiner Religion Zweifelnder, ein kritischer Kopf, der den Kampf zunehmend abstoßend findet. Doch die Männer, die er anführt, sind jung, heißblütig und selbstgewiss. Allmählich fügt sich das Bild eines Mannes zusammen, der aus gutbürgerlichen Verhältnissen stammt und bereits auf drei Kontinenten gekämpft hat. Gegenspieler Dr. Walid will die Ungläubigen in diesem Krieg mit terroristischen Attacken und mit Hilfe der Medien bekämpfen, im Fall der Medien also mit ihren eigenen Mitteln.

Die Wege der Beteiligten kreuzen sich, als Cassandras Platoon von Walids Männern gefangen genommen wird. Für die Mudschaheddin ist eine Soldatin eine Provokation. Die Situation eskaliert jedoch ebenso aufgrund kultureller Unkenntnis auf beiden Seiten. Menschen zweier Kulturen stehen sich verwundert gegenüber, die jeweils ihrem System als Kanonenfutter dienen.

Mehrere Schauplätze, Zeitsprünge, verschachtelte Rückblicke und verschiedene Erzählperspektiven fügt Brian van Reet zusammen zu einem komplexen Roman über den Krieg im Zeitalter der Medien und der Privatisierung von Kriegshandlungen. Seine Figuren und Erzählperspektiven hält er in seinem Erstlingsroman souverän im Griff. Jede der Figuren erhält eine persönliche Stimme. Wie unter einem Brennglas werden kulturelle Gegensätze und mangelnde interkulturelle Bildung in den Focus gerückt; einem schmutzigen, absurden Krieg wird mit Nahaufnahmen der Figuren eine weitere Ebene hinzugefügt. Obwohl jedes Kapitel exakt mit Ort und Zeit gekennzeichnet ist, erfordert das Buch höchste Konzentration.
Fazit
"Beute" ragt durch die facettenreichen Persönlichkeiten Cassandras und des kriegsmüden Abu al-Hul heraus und erzählt teils aus der Ichperspektive vom Krieg im Medienzeitalter.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne

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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 23. Juli 2017

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