Die im Schatten stehen
Einige Zeit war es her, als diese Clochards, Obdachlosen, bei bitterer Kälte
Notre Dame "stürmten". Eine wild anmutende Horde, die umgehend den
Küster in Kampfstellung gehen ließ, der die Polizei rief, die mit großem
Aufgebaut vor den Toren der Kirche Stellung bezogen. Nur Pater Kern bewahrte die
Ruhe. Ließ sein mitfühlendes Priesterherz sprechen und verzweifelte zunächst
fast an der unerbittlichen Haltung von Küster und Polizei. Denn er empfand das
alles bei Weitem nicht als "Geisel-Situation", zumal die Forderungen
der Obdachlosen sich eher auf Pizza denn auf Fluchtwagen und Millionen Euro
einpendelten.
Doch etwas ist damals passiert, spürt der Leser umgehend, wenn klar wird, dass
Pater Kern sich seit diesen Ereignissen (die im Buch rückblickend erzählt und
damit erst später wirklich aufgelöst werden) in einen Vorort von Paris in die
Arbeit eines Archivars geflüchtet hat. Doch nun packt er seine Sachen. Nimmt
den Weg in die Stadt und seine Notre Dame wieder auf sich. Einer der Clochards
ist gerade tot aus der Seine gezogen worden und Kern spürt, dass dies kein
Zufall ist, dass gerade der Sprecher, der Anführer der Clochards nun ermordet
wurde. Denn woher sonst sollten die "Stigmata des Herren" kommen? An
ein Wunder glaubt Kern da eher nicht.
Während Kern mit seinem malträtierten, von Arthritis geschüttelten Körper
die Augen aufhält, um Spuren der Tat zu finden, begeben sich Lieutenant
Gombrowitz (der immer noch keine Waffe anfassen will seit seinem letzten
Einsatz) und Kommissar Landard hinein in das Leben der Clochards (bestens
verkleidet, wie die beiden meinen), um dort Informationen zu sammeln. Was eher
nach hinten losgeht, was dazu führt, dass "der Grieche" versucht, zu
fliehen, der sich aber wenig später in Gewahrsam und der ermittelnden Richterin
Claire Kaufmann (die so schön ist, dass Gombrowitz regelmäßig in ihrer
Gegenwart die Contenance zu verlieren droht) gegenüber.
Doch auch dort wird kein Geheimnis gelüftet, Clochards und Polizei, das geht
nicht zusammen, findet zumindest der einäugige Obdachlose. Doch Kaufmann liegt
das Aufgeben nicht und Pater Kern sucht immer nach ausgleichender Gerechtigkeit,
so bündeln beide im Lauf der Geschichte wieder einmal ihre Kräfte und tauchen
tief ein in die Schattenwelt von Paris. Wo Gefahren lauern, wo es nicht elegant
ist, wo eine Mauer des Schweigens erst einmal durchbrochen werden muss.
Fazit
Was Ragougneau souverän schildert, dabei Feinheiten der Personen immer wieder
herausstellet und auch die Pariser Atmosphäre nicht zu kurz kommen lässt. Hier
und da ein wenig langatmig (gerade was die Rückblenden angeht), insgesamt aber
anregend und unterhaltsam.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 03. April 2017 2017-04-03 12:12:51