Bizarre Wortwelten blühen in René Sommers "Eine Störung erreicht
Westeuropa"; Beispiele für die Bilderflut bietet nicht nur die erste Zeile
des Titelgedichtes - - "schon bald soll es/weiß gepolsterte kissenmonster
geben/die ohne sonnenbrille & schminke/eine fantasie für orgel/&
toilettenspülung spielen/hennen/die dem wolf die tür
öffnen/&lackstiefel/welche ohne frau spazieren gehn". Das Gedicht wird
zunehmend kritisch gegenüber denjenigen, die "auf der schaukel aus glas
schweben" und sich "fragen woher eigentlich der wind kommt"; an
dieser Stelle ist Sommer auf dem Sprung zur trögen Gesellschaftskritik heutiger
Tage heutiger Autoren, doch, und das macht diesen Gedichtband zu einem guten, er
-springt nicht-. Sommer bleibt in allen Gedichten kritisch, doch er moralisiert
nicht; er ist intelligent, jedoch nicht altklug, nicht aus Kreide, Duden oder
Elfenbein; "entdeckungsreisen quer durch den kopf", das möchte
Sommer. In seinem Kopf hat er u. a. Andy Warhol, Jim Morrison, Godot, einen
ungenannten Schuhputzer, Schubert, Goethe, Bach; Fragen zur "aktuellen lage
des jazz" finden ihren Antworter; Briefträger, die seit "5 Jahren
schwarz arbeiten", können ihr Gewissen kühlen; Leute, die beabsichtigen,
"Fußgängerforscher" zu werden, werden auf die Berufsrisiken
aufmerksam gemacht.
Fazit
Sommers "Ströung", verwegen, ein bißchen verkokst, vernagelt,
verträumt, verschroben, insgesamt aber konsequent, dingfest, erlebbar; ein
Augen- und Leseschmaus.
Vorgeschlagen von Paul Niemeyer
[Profil]
veröffentlicht am 26. März 2004 2004-03-26 20:25:20