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Alessandro Biamonti: Archiflop

Archiflop

von Alessandro Biamonti
Verlag: Deutsche Verlagsanstalt [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-421-04053-4

Preis: 9,64 Euro bei Amazon.de [Stand: 21. November 2024]
Wenn es gründlich danebengeht

Der Ort ist Ordos in China. Verbaut wurden 160 Milliarden Dollar aus öffentlichen Geldern und was bleibt sind gigantische, nicht fertig gebaute Hochhäuser und eklige Baugruben. Inklusive eines fertiggestellten Museums und einer Bibliothek, die bis heute noch auf Besucher warten. Oder Kolmannskuppe, Namibia, Afrika. 1908 mit dem Bau begonnen auf Anweisung deutscher Kolonialherrschaft, 1954 verlassen, weil das Fördervolumen der Diamanten stark rückläufig war. Zerfallene Häuser in karger Felsen- und Wüstenlandschaft, eine moderne Geisterstadt.

Oder der "Abraham Lincoln Turm" in Rio de Janeiro. 1969 begonnen, von den 450 Appartements haben nur 250 einen Käufer gefunden, leben in einem halben "Geistergebäude" heißt das also. Nur drei Beispiele von vielen, die Alessandro Biamonti in diesem Band versammelt hat, bestens fotografisch ins Licht gerückt, so dass der Leser einen umfassenden Einblick (und Anblick) in modere Ruinen erhält, entweder von Beginn an oder auf Dauer gesehen misslungene Groß-Bauprojekte. Die Biamonti nicht "einfach so" sammelt (auch das wäre allein schon interessant zu sehen und zu lesen gewesen), sondern die er in einen modernen gesellschaftlichen Kontext stellt (den Umgang mit Fehlschlägen) und damit der modernen Geisteshaltung durchaus treffend auf die Spur kommt.

"Tatsächlich leben wir ja in einer historischen Periode, in der wir mit Niederlagen und Fehlschlägen ganz anders umgehen als bisher. In erster Linie suchen wir nach einer Begründung dafür, sie als Problem hinter uns zu lassen und als Chance anzugehen".

Dabei bezieht sich Biamonti ausdrücklich auf eine Rede von Steve Jobs, in der Jobs all die Niederlagen seines Lebens aufzählt, um deren positiven Einfluss auf das dann gelungen Ganze seines Lebens aufzuzeigen. Ein Gedanke, der wichtig ist, der sich aber, natürlich, zunächst einmal am Denken und Wesen des Bauens bricht. Denn hier ist ein "Streben nach Permanenz" zunächst ja im Raum, dass eher unfreiwillige scheitert und eben solche Ruinen zurücklässt. Und doch zeigt sich an den Ruinen im Buch einfach auch der "Wandel der Welt". Und es ist gut so, dass diese "Archiflops" noch stehen und zu sehen sind.

"Wir müssen die gebauten Symbole des Scheiterns nicht mehr verstecken oder abreißen, sondern können sie akzeptieren, nicht alleine als Elemente der Landschaft, sondern als Teil unseres Umfeldes".

Scheitern also gehört als positiver Effekt zum Leben dazu, ist ein Teil des Ganzen und darf gezeigt werde. Der Zwang, alles negative, nicht passende, nicht Erfolgreiche unter viel Mühe zu verbregen hat sich im Lauf der Zeiten erübrigt. Somit also sind diese Mahnmale nicht gelungener Baukunst auch ein Spiegel des inneren Erlebens des Individuums und der Gesellschaft.
Fazit
Unter diesem Blickwinkel betrachte erhält die Lektüre der erläuternden Texte, samt der eindrucksvollen Bilder im Buch, noch eine anregende, interessante Ebene hinzu zu der schon für sich lesenswerten "Weltreise" durch Flops der Architektur.
9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 16. März 2017

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