In einer Zeit, in der der große Reformator Martin Luther in aller Munde ist,
erscheint der Roman "Die Mutter des Satans" von den
Zwillingsschwestern Claudia und Nadia Beinert natürlich zum richtigen
Zeitpunkt. Und dennoch hebt sich der Roman in besonderer Weise von der üblichen
Martin-Luther-Literatur ab: Es ist ein fiktiver Roman durch die Augen seiner
Mutter gesehen. Die Fiktion in einem Roman des historischen Genres bedeutet
mitnichten, dass alles erfunden wurde. Im Gegenteil, werden doch die
nachweislichen Fakten sehr sorgsam ausgewählt, aneinandergereiht und erst durch
die Fiktion zu einem Gesamtbildnis zusammengeführt.
Erzählt wird also die Geschichte von Margarete Luder und deren Familie. Martin
ist als handelnde Figur lediglich eine Nebenfigur, obwohl sich doch alles um ihn
dreht. Die Autorinnen gehen der Frage nach, wo die Wurzeln für Martin und sein
Schaffen gelegt wurden. Was hat ihn dazu bewogen, so zu handeln, wie er
gehandelt hat? Im Handeln und Denken der Mutter, aber auch des Vaters, in der
Erziehung des Kindes ist dessen Werdegang begründet. Neben dieser Geschichte
wird der Leser sehr viel über das Leben und die Verhaltensweisen zu Beginn des
16. Jahrhunderts erfahren. Viele Details nehmen ihn mit in diese Zeit, die von
Kriegen, Pest und Hexenwahn geprägt war. Nicht nur das Leben der Bauern,
sondern auch das der Bergleute im Kupferbergbau des Mansfelder Landes wird
beleuchtet und bildet den gesellschaftlichen Hintergrund dieses Romans. Die
starke Hinwendung zur und Verbundenheit mit der Religion wird nicht zuletzt in
den Gedanken der Protagonisten aufgenommen. Diese kursiv hervorgehobenen
Sequenzen sind durchwebt von Zitaten aus der Bibel und anderen religiösen
Schriften, weil Margarete alles Denken, alle Ausrichtung des Lebens aus dem
Glauben zu Gott ableitet. Nicht ungewöhnlich für die damalige Zeit und auch
heute in vielen Religionen wieder ehr beliebt.
Parallel zum Leben Margarete Luders wird die Geschichte eines engen Freundes
ihres Sohnes von einem Außenstehenden erzählt. Lucas Cranach der Ältere
porträtiert Margarete und ihren Mann Hans. Er, der nicht nur Freund Luthers
war, sondern auch Bürgermeister in Wittenberg und PR-Mann für die Reformation,
wird in seinem Verhältnis zu seinen Söhnen beschrieben. Seine Porträtstudien
zu den Gemälden lassen ihn weit in das innerste von Luthers Mutter vordringen,
was in der Erzählweise des Romans eine weitere Perspektive ermöglicht.
Fazit
Der Roman fesselt durch seine besondere Sichtweise. Zu keinem Zeitpunkt hatte
ich das Gefühl, eine Biografie zu lesen. Dennoch habe ich viele Aspekte aus dem
Leben des Reformators erneut erfahren. Ein Thema, welches hervorragend umgesetzt
wurde und sich bestens auch für unterhaltsame Stunden eignet.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 11. März 2017 2017-03-11 10:59:29