Erschreckende Einblicke
Wenn wenigstens am Ende der Selbstkasteiung dann so richtig was herausgesprungen
wäre…. Aber das war wohl von vorne herein klar, dass auch in der Modebranche,
oder gerade da, auch finanziell sich jeder selbst der Nächste ist und Sätze
wie: "Das strecken wir vor" kritisch gehört werden müssen. Was nicht
einfach ist, wenn man gerade 18 Jahre alt ist und einem die Zukunft als Model in
den schönsten Farben geschildert wird.
Und am Ende? Nach knapp einer Saison, einem Titelbild auf einer Modezeitschrift,
Dutzenden von Castings und durchaus einer erklecklichen Zahl von "Gebucht
Werden" in New York, Mailand, Paris? "Zog man die Provisionen für
dieses und jenes ab, dann war die Bilanz niederschmetternd". Und nicht nur
das, niemand hatte gesagt, dass die kleinen "Geschenke" der Designer
am Ende der Modenschauen eben das Honorar darstellten, nicht als Zugabe gedacht
waren.
Hektik, in den Betrieb der weltweiten Mode eingeschleust werden, funktionieren
müssen. Vor allem aber Größe 0 tragen können und dafür abnehmen, abnehmen,
abnehmen. Und prima ist das für die Agentur und den Agenten, wenn jemand wie
Victoire Dauxerre sich von sich aus darauf einlässt, jeden Bissen kontrolliert,
zwanghaft auf die Waage starrt und sich, bereits bemitleidenswert dünn, immer
noch "zu fett fühlt".
Die Schilderungen des ehemaligen Models lassen da den Leser nicht kalt. Das
immerwährende Gefühl von Kälte. Die drei Äpfel am Tag als Nahrung, hier und
a ein Stückchen Hühnerfleisch. Die Eindrücke "hinter den Kulissen".
Wenn das Fernsehen kommt, dann greifen sich die Models flugs Muffins, die
umgehend auf der Toilette wieder entsorgt werden, wenn die Kameras den Raum
verlassen haben.
Nur der schöne Schein ist es, der zählt, in jeder Hinsicht. "Busse,
Bussi", solange man funktioniert, Geld bringt, nicht aufmuckt und nicht
anstrengend wird. Ein Pseudo-Familie, die nun gerade für junge Mädchen
einzuschätzen und auszubalancieren ist, denn der Wunsch zu gefallen, die Lust
an der versprochenen Karriere, die vielen Eindrücke, das deckt sich mit dem
"Gefallen wollen", mit der Bereitschaft, sich ganz einzubringen. Und
auch das spürt man ja bei allem kritischen Unterton des Buches, der Stoltz, die
Erinnerungen an Modeschauen gerade im Bildteil des Buches. Gut, dass Dauxerre
dem entkommen ist, ebenso klar aber, dass es eine prägende Zeit für das Model
war.
Fazit
Was Dauxerre angeht mit einem dramatischen Schlusspunkt, den sie unprätentiös
schildert, der aber gerade deswegen den Leser nicht so leicht wieder loslässt.
Und auf den Punkt bringt, was vom "Sein" hinter dem schönen und ach
so einander zugewandtem "Schein" wirklich zu halten ist. Ein Buch,
nach dessen Lektüre man jedes Verbot magerer Models bestens versteht.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 24. Februar 2017 2017-02-24 14:34:05