Wenn man mich fragt, welches mein historischer Lieblingsroman ist, so muss ich
immer noch sagen: der 1958 erstmals in deutscher Übersetzung erschienene Roman
"Die unseligen Könige", der zur Zeit Philipps des Vierten von
Frankreich spielt. Der Romanzyklus - insgesamt inzwischen 7 Teile, beginnt mit
dem Band "Der Fluch aus den Flammen" und beginnt mit dem Machtkampf
zwischen dem letzten Kapetinger-König, Philipp dem Schönen von Frankreich und
dem letzten Großmeister des Templerordens. Weil er die Reichtümer des Ordens
besitzen möchte und - darin ungeheuer modern - eine Kontrolle der Kirche über
die Angelegenheiten des Staates ablehnt - Philipp IV. und seine Ratgeber, die
sogenannten "Legisten" sind zu recht von Historikern als Vorläufer
des absolutistischen Staates verstanden worden, da sie das Münzwesen
vereinheitlicht, die Barone und Ritter gezügelt haben und erstmals ein
funktionierendes Staatswesen geschaffen hatten, welches das mittelalterliche
Lehenswesen schon im 14. Jahrhundert ansatzweise ersetzte - verurteilt er den
Großmeister der Templer im März 1314 zum Tode. Doch während die Flammen des
Scheiterhaufens lodern, stößt der Großmeister einen fürchterlichen Fluch
aus: König und Papst - so der Großmeister - würden noch im selben Jahr
sterben und die Nachfolger Philipps IV. verflucht sein bis in die siebente
Generation...
So geschieht es auch. Zunächst stirbt Papst Clemens kaum sechs Wochen nach den
oben geschilderten Ereignissen. Kurz darauf wird einer der wichtigsten Ratgeber
des Königs vergiftet, im November 1314 stirbt der Monarch selber nach einem
Schlaganfall. Nachfolger Ludwig der Zänker stirbt wiederum durch Gift zwei
Jahre später. Seine Nachfolger steuern unaufhaltsam auf den hundertjährigen
Krieg mit England zu, den die habgierige Tochter Philipps IV., Isabella, die
"Wölfin von Frankreich" (so der Titel des Folgebandes), Gemahlin und
spätere Mörderin ihres ungeliebten Gatten, Edwards II. anfacht... 1328 wird
die Frage, ob ihr Sohn, Edward III., oder ein Neffe Philipps IV. König von
Frankreich werden soll, den hundertjährigen Krieg entfachen und zum Aussterben
der Linie der Kapetinger auf dem französischen Königsthron führen.
Dieser erste Band: "Der Fluch aus den Flammen" ist der beste. Sehr
eindrucksvoll die kalte, hartherzige und doch weitblickende Figur Philipps IV.,
der im Mittelpunkt der Handlung steht. Plastisch geschildert wird das letzte
Jahr seiner Regierungszeit, voll von Intrigen und Verfall. Ein fesselnd
geschriebener Roman, der durch seine stilistische Kraft und die lebensechte
Zeichnung der Charaktere besticht. Ich kann nur sagen: es ist der beste
historische Roman über das Mittelalter, welchen ich gelesen habe und unbedingt
empfehlenswert. Im übrigen entspricht er in weiten Teilen der damaligen
historischen Forschung, wenn auch einige Aspekte erfunden oder nicht
zweifelsfrei historisch nachgewiesen sind. Packend beschrieben etwa die Wahl des
neuen Papstes Johannes XXII. (1316-1314) in Lyon. Um dessen Wahl zu erreichen,
läßt Philip V., Sohn und späterer Nachfolger Philips IV. (1316-1322) das
Konklave, welches sich zum Gottesdienst in Lyon zum Gedenken an dessen Bruder
Ludwig X. (1314-1316) versammelt hatte, einfach einmauern. Die Mauern werden
erst eingerissen, als der Favorit gewählt ist. Diese Ereignisse werden
übrigens auch in Ecos: "Name der Rose" angesprochen, welcher zur
selben Zeit spielt.
Fazit
Ich hoffe, damit den "Appetit" auf meinen historischen Lieblingsroman
geweckt zu haben und wünsche viel Spass beim Lesen!
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 23. März 2004 2004-03-23 20:54:19