Um was es geht
"Menschenwürde" ist einer der Diskussionsbegriffe der Gegenwart. Im
Anblick des brachialen, brutalen Kampfes in Syrien, im Anblick hunderttausender
von Flüchtlingen weltweit. Aber in diesen offenkundigen Missständen erschöpft
sich die Frage, was Menschenwürde genau ist und wie man für sie eintreten kann
noch lange nicht.
Die Fragend er sozialen Gerechtigkeit, der Armut, die Fragen der Macht von
Staaten, auch intime Daten sich "offen legen" zu lassen, die Frage
eines Umganges mit Oppositionen (wie es gerade in der Türkei
"menschenunwürdig" (?) vorgelebt wird), es sind nicht einzelne
Themen, die mit diesem Begriff verbunden sind, es ist eine der Grundfragen der
Menschheit, wie man miteinander zu leben gedenkt und welche Rechte, auch welchen
Respekt man als "Common Sense" einander gegenüber zu bringen gedenkt.
So ergibt sich fast Paradox, dass der Begriff "Menschenwürde" als
"Norm aller Normen" durchaus versanden und gesehen wird, und dennoch
die "große Unbekannte" in der konkreten Füllung des Begriffes (noch)
bleibt.
Als "oberster Wert des Grundgesetzes du oberster Zweck allen Rechtes"
gesetzt, im Grundgesetz gar "garantiert", ist es natürlich von
höchster Notwendigkeit, den Begriff präzise, aber auch umfassend
allgemeinverbindlich zu füllen. Der wissenschaftliche Band von Manfred Baldur
gibt die Diskussionen um den Begriff (und auch durchaus praktische Probleme der
Umsetzung und "Kämpfe für die Menschenwürde) fundiert und detailliert
wieder. Und das in sprachlich durchaus verständlicher Form, auch wenn die
vielfachen Diskurse zum Begriff, denen Baldur nachgeht, der Natur der Sache
entsprechend teils ein überaus hohes Abstraktionsniveau in sich tragen.
"Es gibt kaum eine Facette dieser Norm, bei der man mit einer (allgemein)
übereinstimmenden Antwort rechnen darf".
Um der Frage nachzugehen, ob diese eben nicht präzise Füllung, diese
inhaltliche Offenheit gerade die Kraft und Stärke dieser Norm ausmachen, geht
Baldur im Folgenden ruhig und Schritt für Schritt der Entwicklung nach. Wie
sich diese "Würde-Norm" zur herausragenden Größe entwickelt hat,
welche Kräfte dabei wirkten, welche Denker und Politiker in vielfacher Weise
(und durchaus je mit unterschiedlichen Ergebnissen) den Begriff in Worte
gefasst, breit be- und umschrieben haben und diesen dann zentral im Rechtswesen
(und im sozialen Denken der Gesellschaft) verankert haben. Und ebenso, wie
dieses hehre und idealistische Streben der zentralen Bedeutung der Würde des
Menschen auch wiederum in ihrer dogmatischen Kraft stückweise verloren ging
(und aktuell rasant weiter verloren geht).
Fazit
Eine lohnenswerte, in sich folgerichtige und fundierte Lektüre, die dem Leser
eine genaue Betrachtung und die Entwicklung eines eigenen, differenzierten
Meinungsbildes ermöglicht.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 28. November 2016 2016-11-28 12:56:37