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Fjodor Dostojewski: Der Spieler

Der Spieler

von Fjodor Dostojewski
Verlag: dtv [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-423-28097-6

Preis: 22,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 24. November 2024]
Blick ins zerrissene Selbst

"Dann, wenn ich mich recht entsinne, setzte ich 2000 Florine, schon wieder auf die 12 mittleren Zahlen – und verliere. Ich setzte mein Gold…- und verliere. Jetzt werde ich wütend: Ich packe die letzten mir gebliebenen 2000 Florine und setze sie auf die 12 ersten – einfach so – blind – auf gut Glück – ohne nachzudenken…!"

Und der Leser darf gespannt sein, was nun passiert. Ist Aleksej, der junge Mann in den schwierigen, familiären Umständen gleich vollends pleite? Oder gelingt noch ein kleiner Coup. Und was dann? In "Roulettenburg" sind sie versammelt. Spieler. Spieler mit Schulden. Vor allem einer, der mit aller Gewalt auf ein Erbe wartet, denn nur mit frischem Geld kann er seine Schulden begleichen und dem nachgehen, was er am liebsten tut, weiterspielen.

Menschen, die in einer eigenen Welt leben, deren Impulskontrolle völlig versagt, zumindest im Lauf der Zeit völlig versagen wird. Die sich, ihre Beziehungen, ihre Lieben zugrunde gehen lassen für dieses Spiel. Das Dostojewski im Übrigen ausführlich und Schritt für Schritt erläutert. Und durch die Erläuterung des "Außen", diese akribische Beobachtungsgabe des menschlichen Verhaltens, dem Leser einen Zutritt auch zum inneren Erleben all der dort versammelten und miteinander verbandelnden und verbundenen Menschen ermöglicht. In einer sehr flüssigen, dem Werk gerecht werdenden Neuübersetzung liegt nun "Der Spieler" aus dem Jahre 1867 neu aufgelegt vor. Und bezieht seine psychologische Tiefe nicht nur aus den Ereignissen im Roman selbst, sondern auch aus dem Wissen um die Entstehung des Romans.

Dostojewski selbst war lange Zeit spielsüchtig, hatte seine Rücklagen verbraucht und bildet mit diesem Roman ein eigenes, "echtes" "va banque" Spiel ab. Vier Wochen Zeit für einen Roman oder ein Leben lang keine echten Einkünfte mehr. Eine persönliche Verzweiflung, die sich im Roman zum Ende hin vor allem intensiv wiederfinden wird und einen Ausblick mit einbringt, was Dostojewski für sich selbst erwartet hätte, wäre ihm der Roman nicht in dieser knappen Zeit gelungen.

Berechnung gegen Intuition, Leidenschaft der Liebe gegen Gier nach Gewinn (wobei das Geld wichtig ist, aber das eigentliche wichtige Gefühl dass des Siegens ist). Eine symbolische, mit echten Süchten und Verhängnissen gespickte Beispielgeschichte für das Leben und die verschiedenen Haltungen., diesem zu begegnen. Und eine existenzielle Sicht auf die Tendenz mancher (des?) Menschen, Hals- über Kopf alles an Verstand beiseite zu schieben um destruktiven, wachgerufenen inneren Instinkten zu folgen, die Zerstörung seiner selbst und all derer, die beteiligt sind, in Kauf nehmend.

Was psychologisch spannend ist, was Dostojewski zum Ende des Romans hin auch mit Tempo erzählt. Ein Tempo, das allerdings lange, lange auf sich warten lässt. Denn viel Zeit nimmt sich Dosotojewski im Buch, um mit großer Akribie Räume, Einrichtungen, Stimmungen, Atmosphären und Personen zu beschreiben. Was in einer Gegenwart, die medial auf "schnelle Schnitte" setzt, eine Geduldsprobe bei der Lektüre bedeutet.

Und dennoch im abstrakten Sinne nicht nur die Spielsucht konkret, sondern das Dilemma der Sucht des "immer mehr, immer weiter", des "nicht loslassen Könnens" gekonnt vor Augen führt. In einer Gegenwart, die manches Mal wie ein großes, reales Roulettespiel wirkt und Spieler auf mächtigen Ebenen ebenso mehr und mehr hervorbringt, die von ihrer starren Sicht und drängenden "Sucht" scheinbar auch nicht mehr lassen können.
Fazit
Immer noch und wieder eine wichtige Lektüre, die Geduld benötigt und nicht auf jeder Seite den Leser fesselt.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne
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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 28. November 2016

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