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Frank Schulz: Onno Viets und der weiße Hirsch

Onno Viets und der weiße Hirsch

von Frank Schulz
Verlag: Galiani [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-86971-127-0

Preis: 19,99 Euro bei Amazon.de [Stand: 20. November 2024]
Ein tiefes Hinabtauchen in die Verhältnisse und Beziehungen

Es ist nur ein sehr kleiner Ort mit seinen "dreihundertelf Ureinwohnern", ein Dorf, dieses Finkloch, was von etwaigen Besuchern, Wanderern und Radlern, "Funkloch" genannt wird. Hier lebt Otto Viets Schwiegerschaft, hier wird der Ort sein, an dem sich Otto, eher Freizeit- denn Berufsdetektiv, hin zurückziehen wird. Innere Wunden heilen lassen nach seinem letzten Fall, der ihn innerlich enorm mitgenommen hat. Nackte Panik überkommt ihn unvermittelt, er wird seiner selber nicht mehr Herr. Und wo sonst als im Schoß der (Schwieger-) Familie in einem Flecken von Dorf abseits der Welt könnte er da Linderung der Nerven finden?

Doch deutet der Prolog bereits an, dass da nicht das letzte Wort über eine winterliche Erholung gesprochen sein wird, denn Onno findet auf einem Waldspaziergang ein merkwürdiges Objekt. Doch wer die Werke von Frank Schulz und gerade um seinen "Onno Vieths" kennt, der ahnt, dass, bei aller Dehnung und Verdrehungen der Sprache, bei allem Humor und aller Satire, immer mehr zu erwarten ist als ein "verdrehter" Möchtegern-Detektiv und ein zu lösender Fall. Der in diesem Fall ein sehr persönlicher sein wird. Ein "Mehr", dass gerade in diesem Roman (nach idyllischem Beginn) sich erstaunlich ausweiten wird zu einer Generationenübergreifenden Frage von Zueinander stehen oder einander im Weg stehen, von Schuld und Intrige, von Zuwendung und sich abwenden.

Was an Geschichte hinter dem Dorf liegt, was die Menschen dort im Krieg und aneinander erlebt haben, das ist noch lange nicht still und begraben und verleiht diesem dritten Teil der Onno Viets Reihe gerade im zweiten Teil einen anderen, ernsten Ton. Nicht mehr die Fettnäpfchen des Onno Viets (aus denen heraus er dennoch irgendwie und immer verdreht in den letzten beiden Werken seine "Fälle" gelöst hat), stehen alleine im Mittelpunkt des Romans, sondern der Lebensweg von Menschen, die in und durch den Krieg harte Erfahrungen zu verarbeiten hatten, die eben nicht verarbeitet worden sind, sondern ein Leben lang die stillen Nächte begleitet haben und ansonsten zur Seite geschoben wurden. Und werden. Im alltäglichen Leben. Genauso, wie alte Konflikte unter der heilen Oberfläche des Dorfes nicht zu knapp seit langem und immer noch am Schwelen sind.

Was Schulz zu ernsten Tönen verleitet, die er einbettet in die immer wieder teils brüllend komisch geschilderte Rahmenhandlung eines eher tapsigen Mannes, der dennoch nicht lockerlässt, wenn Geheimnisse und mindestens ein Mord im Raume stehen. "Weiß man nicht, nech? Weiß man nicht, aber ich glaube das nicht". Und das zu Recht, wie sich ganz am Ende des Romans (und in den beiden! Epilogen herausstellen wird). Viets kann einfach nicht anders. "Noch während er sich vorgenommen hatte, den Einbruch der Dunkelheit bewusster mitzuerleben, wandelte sein Geist auf eigensinnigen Pfaden davon".

Und das ist gut so für jene Leser, die mit der verdrehten Komik, der Ironie, den pointierten Darstellungen von Personen (wie der "Astrologin" des Dorfes) ihre Freude finden. Diese Tiefe, die Schulz jeder seiner Figuren fast spielerisch verleiht und dann in durchaus verdrehter, komischer Weise und dennoch präzise aufs Papier bringt, das ist schon eine besonders Talent des Autors und funktioniert auch in diesem Roman hervorragend.
Fazit
Und lohnt sich auf für den sonst nicht so "Komik-Krimi" affinen Leser, da Schulz seinen Wortwitz einerseits hervorragend in ein flüssiges Tempo zu setzen versteht und andererseits hier ein Thema (mit dem nötigen Ernst an den richtigen Stellen) zur Sprache bringt, dass eine ganze Generation von Menschen in Deutschland belastet hat und noch belastet. Die traumatischen Erlebnisse der Kriegskindergeneration.

Eine sehr empfehlenswerte Lektüre.
9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne
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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 25. November 2016

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