Großartiger Epos zum Ende der Trilogie
Da ist diese Szene, in der die Präsidentin dem heldenhaft verehrten Peter eine
Karte zeigt. Der Plan, vor den Toren der Stadt drei neue Siedlungen zu
errichten, die durch "Virals" völlig zerstörte und weitgehend
menschenentleerte wieder so in Besitz zu nehmen, wie es vor dieser brutalen und
grausamen Zäsur der Fall war. Schritt für Schritt.
"Aber er war auch müde. Ein wichtiger Teil seiner Energie war versiegt. Er
hatte genug getan, und was er sich jetzt wünschte, war ein ruhiges, einfaches
Leben".
Also sagt er erst einmal (zu aller Überraschung) "Nein" zum
angebotenen Posten des Stabschef. Beide, Peter und die Präsidentin gehen, mit
unterschiedlichen Konsequenzen, davon aus, dass das explodierende, noch immer
nachbebende Finale im Kampf der Amy gegen die 12 das Ende der Virals bedeutet
hat.
Wo überhaupt Amy seitdem ist, ob es sie noch gibt, was aus Alicia geworden ist,
aus manchem der anderen der Gruppe derer, die den Kampf bis aufs Blut geführt
haben, all das ist in diesen nun seit einiger Zeit beruhigten Jahren nicht
bekannt, nicht mehr klar. Möge Frieden einfach einkehren und die inneren und
äußeren Wunden soweit wie möglich verheilen. Aber alle täuschen sich. In
fast allem "Zero", der "Schöpfer der Vals" ist durchaus
noch lebendig und bereitet seinen Plan vor. Die Welt ein für alle al zu
übernehmen. Gefahr zieht auf, Gefährten werden zusammenkommen, sich aber auch
auf verschiedenen Seiten begegnen. Es wird gestorben werden, es wird gesiegt und
verloren werden.
In einer Art des Schreibens, die zwar näher an Stephen King denn an J.R.R.
Tolkien ausgerichtet ist, gelingt Cronin mit diesem dritten band wiederum und in
noch höherer, kaum zu steigernder Qualität, ganz Eigens. An der Welt, die er
schafft. Mit diesem unglaublich differenzierten Sprachstile, der die nüchterne
Sachlichkeit auch bei blutrünstigsten Ereignissen ebenso spielend beherrscht,
wie die kraftvollen, poetischen Bilder, die den Leser unmittelbar emotional
berühren und nicht mehr loslassen. Wenn Alicia eine kleine Grube aushebt. Wenn
der Blick eines der Protagonisten über die Landschaft gleitet und Cronin jeden
Millimeter Stimmung vom Licht über die Natur bis zur Person hin einfängt und
flüssig vermittelt.
Wenn er dann (es wird lange dauern, bevor alle "Spieler" an ihren
Plätzen sind und die eigentliche Herausforderung beginnt) alle losen Fäden der
ersten beiden Bücher zunächst zusammenführt, die Geschichte des
"Zero", der einmal der Wissenschaftler Timothy Fanning war mit großer
Geduld und breit erzählt, dabei aber an Intensität überhaupt nicht
nachlässt. Jede Szene, jede Episode im Großen Ganzen geht Cronin dabei
mitgleicher, grünlicher Betrachtungsweise an. Das mag als "Längen"
empfunden werden, aber jedes Ereignis hat seinen Sinn im Ganzen und die
sprachliche Qualität ist gleichbleibend hoch, so dass keine Seite der Lektüre
"verschwendet" wirkt.
Wenn er den Leser nicht nur "auf" die Personen und Handlungen schauen
lässt, sondern "in die Personen" hineinversetzt, im Kleinen (die
Geburt eines "nicht legalen" Kindes") und im Großen (wenn fast
Schlachten toben), dann ist jederzeit de Akribie Cronins zu erkennen, auch
kleinen Schweißtropfen ein stückweit so nachzugehen, dass der Leser fast die
Feuchtigkeit im eigenen Gesicht spürt. Es mag alles Geschmacksache sein, aber
zur Zeit steht Cronin in seinem Genre mit diesem Buch ganz oben in der Gilde der
illustren Fantasy-Horror Geschichtenerzähler und geht dabei weit über die an
sich schon fließenden Grenzen dieses Genres hinaus.
Fazit
Ein hervorragendes Buch, überragend verfasst.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 10. November 2016 2016-11-10 14:58:04