Hervorragend zu lesender Briefroman
Eine besondere Form im Stil wählte John Williams 1972, als er diesen
biographischen Roman über Gaius Octavian, nach der Adoption durch seinen (da
schon ermordeten) Großonkel Julius Caesar mit dem Beinamen "Caesar"
ergänzt und, nach Befriedung des Reiches als "Augustus" (der
Erwählte) bekannt. Im Nachgang der Geschichte der maßgebliche römische Kaiser
mit der längsten Regierungszeit, der größten Spanne von Frieden im Inneren,
ein "guter und gütiger" Herrscher in späteren Tagen, aber ein
harter, durchgreifender Mann in der Phase er Eroberung und Festigung der
Macht.
"Zu viele Caesaren tun nicht gut", dies die lapidare Äußerung, als
er Caesarion, den Sohn Cleopatras und seines Adoptivvaters Julius Caesar
ermorden ließ. "Über Leichen zu gehen" war nicht nur notwendiges
Übel, sondern wurde kaum weiter bedacht. Ebenso, wie Octacian ungerührt von
Plünderung, Ermordung und Vergewaltigung durch seine Soldaten die Stadt betritt
um Lepidus ohne große Anstrengung als Rivalen zur Seit zu schieben (nach dessen
Sieg über Pompeius Legionen). Ein Charakter, der sich bereits in den Augen
seiner Zeitgenossen einer klaren Deutung entzog. Was Williams in der Anlage
seines Romans kongenial verdeutlicht.
Viele, meist historische Personen tragen durch ihre (fiktiven= Briefe
aneinander, an andere, durch zitierte Befehle und Aushänge ihre Sicht der Dinge
bei, folgen dem chronologischen Aufbaus des Romans je aus ihrer eigenen Sicht
und schildern so das Wesend es Augustus, seine Kämpfe zu Beginn gegen die
Verräter an Julius Caesar (falls dies nicht nur ein immer wieder laut
vorgeschobener Grund allein im Blick auf die eigene Machtsteigerung und
-Sicherung war) bis hin zum Jahre 31 v. C. mit dem Sieg gegen Marcus Antonius
bei Actium.
Wobei Williams sein Werk in zwei inhaltliche Hauptteile anlegt. Zum einen der
"Machtmensch" Augustus. Die Intrigen, Strategien, der Versuch vieler,
die Macht nach Caesars Tod an sich zu reißen und, im späteren Verlauf, der
Herrscher, der die privaten Dinge auch als Belastung erlebt, Das Scheitern auf
der privaten und der persönlich - emotionalen Ebene, das vielleicht nichts
anderes war, als der Preis für die Macht, wie im Nachwort dargelegt wird.
Die eigene Tochter zu verbannen aufgrund der eigenen, strikten Sittengesetze
setzt damit fort, was auch im ersten Teil der Machtergreifung im Raum stand.
Einen der ältesten Freunde aus der Freundschaft und den Ämtern entlassen zu
müssen (wohlwissend, dass für einen ehrbaren Römer der Tod von eigener Hand
die einzig denkbare Konsequenz aus diesem sein kann), den alten Cicero, der ihm
durchaus nicht unsympathisch war, erschlagen zu lassen. Radikal, konsequent,
ohne Zögern und in aller Härte geht Octavian gegen seine Gegner vor. Klug ist
er, er weiß immer, woher Gefahr droht und wie er dieser begegnen kann.
Allerdings, und das arbeitet Williams ebenfalls wunderbar griffig heraus, nicht
aus nur eigenem Machtstreben oder Ehrgeiz heraus, sondern weil Augustus
tatsächlich ein größeres Ziel verfolgt. Rom zu festigen, die äußeren Feinde
niederzuringen und in die Schranken zu weisen, das innere Konkurrenz- und
Machtstreben in enge Bahnen zu lenken.
14 n.C. stirbt Augustus, der eine selbst verfasste Biographie hinterlässt. Der
allerdings nicht unbedingt zu trauen ist, da sie als politische Propaganda vor
allem gedacht und verfasst wurde. Dennoch ist es einer der Höhepunkte des
Werkes, im letzten Kapitel Augustus erst- und letztmalig im Roman selbst zu Wort
kommen zu lassen und in einer Mischung aus fiktivem Brief des Augustus uns
Teilen seiner Autobiographie den Mann sein Leben betrachten zu lassen. Nicht mit
Hochmut und Stoltz, sondern mit einer gewissen Genugtuung, aber auch Qual über
das persönliche Erleben in all diesen Jahren.
Fazit
Rundum eine sehr lesenswerte Lektüre.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 25. Oktober 2016 2016-10-25 14:44:34