Konstruktives ""Programm" zur Minderung der Ungleichheit
Es ist wohl "das Thema" der Zeit. Weltweit. Die beobachtbare, durch
Fakten gestützte "Schere zwischen Arm und Reich", die sich in den
letzten Jahren immer weiter geöffnet hat. Und eine Unruhe, die sich im Zuge
dessen mehr und mehr an vielen Orten der Welt Bahn bricht. Wobei Atkinson mit
seinem neuen Werk eine Lösung sucht und anbietet, nicht nur bei der Analyse und
einem empörten Aufschrei stehen bleibt. Klar ist, dass zunächst dennoch im
Buch eine sehr differenziert und fundierte Analyse (mit einigem eher trockenem
statistischem Material) vorgelegt wird. Denn, wie Atkinson vorweg bemerkt, im
Blick auf konkrete Vorschläge, wie sich die Ungleichheit verringern ließe,
bedarf es einer Grundlage.
"Daher müssen wir zunächst klären, was mit diesem Ziel gemeint ist und
was nicht".
Das klärt Atkinson im Übrigen und sehr klarer Sprache und sehr eindeutig. Und
stellt schon mit der Analyse ebenso klar und eindeutig das aktuelle ökonomische
System tief in Frage. Und das zu Recht, folgt man seinen gewichtigen Argumenten.
Und führt sich fort in den 15 messerscharf formulierten Vorschlägen für eine
soziale Sicherung der Menschen in mittelfristiger Zukunft.
Bereits diskutierte Möglichkeiten wie ein "bedingungsloses
Grundeinkommen" (als "Partizipationseinkommen" noch ein Stück
anders gedacht als in der bisherigen Diskussion), finden sich dabei genauso, wie
eher (noch) exotisch anmutende Vorschläge in Richtung einer
"Grundausstattung durch eine (allgemein zu zahlende) Erbschaft", die
jedem Menschen beim Eintritt ins Erwachsenenalter "gutgeschrieben"
wird oder eine "Erneuerung einer Sozialversicherung" statt der
bisherigen Sozialhilfe. Dazu gehört ebenfalls ein starkes Plädoyer für ein
hohes Kindergeld weltweit (deutlich höher als das, was bisher bekannt ist, da,
wo überhaupt ein solches Kindergeld gewährt wird) und eine stark steigende
"Lebensvermögenssteuer" auf Einkünfte durch Erbschaften.
15 konkrete Ideen und durchgerechnete Vorschläge, die absolut überzeugend
präsentiert werden und logisch fast zwingend dem Leser vor Augen gestellt
werden für die vier großen Ziele und Bereiche, die Atkinson als entscheidend
für die nahe Zukunft setzt. Technischer Fortschritt und Gegenmacht, Lohn und
Beschäftigung in der Zukunft (Industrie 4.0), Teilung des Kapitals und Soziale
Sicherheit für alle. Dabei ist gerade das Kapitel "Können wir uns das
leisten" ein hervorragender Einstieg in die gesamte Lektüre und eine klare
Berechnung dessen, was möglich wäre, wenn die Mächte in Politik und
Wirtschaft tatsächlich willens wären, die Stellschrauben zu drehen.
Ab Seite 304 findet sich im eine übersichtliche Zusammenfassung der 15
Anregungen / Forderungen Atkinsons, die allerdings ohne die genaue Lektüre des
teils sehr trockenen Stoffs im Buch nicht einfach so zu verstehen sind, sondern
eher als Anhaltspunkte für die Lektüre dienen. Nüchtern, sachlich,
durchgerechnet, teils die aktuellen Verhältnisse auf den Kopf stellend und mit
der Maßgabe, die vorhandenen wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen
stark, wenn auch nicht vollständig, umzuverteilen, legt Atkinson ein wahrhaft
monumentales Programm vor, dass aller Diskussion wert und würdig ist und in
einzelnen Teilen umgehend umgesetzt werden könnte.
Fazit
Und das dringlich, denn in einem muss man Atkinson Recht geben, auch wenn man
bei manchen seiner Vorschläge den Kopf schütteln mag: Soziale Ungleichheit ist
das "Spaltmaterial" der Gegenwart, welches immer mehr Druck erzeugt
und irgendwann nicht mehr friedlich aufgefangen werden kann, wenn keine
zukunftsfähige Alternative für en einzelnen geboten wird. Was Atkinson in
diesem Buch nachvollziehbar gelingt.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 26. September 2016 2016-09-26 15:18:55