Heinz Ohff, lange Feuilleton-Leiter des "Berliner Tagesspiegel" und
ausgewiesener Fontane-Kenner, über den er eine hervorragende Biographie
geschrieben hat, legte bereits 1999 dieses Werk über Preussens Herrscher vor.
Im Gegensatz zu dem
Sammelband, der im Beck-Verlag unter
der Herausgeberschaft von Frank-Lothar Kroll erschienen ist, wendet sich dieser
Band als Zielgruppe an Leser, die Erstinformation suchen - vergleichbar ist sein
flüssiger, leicht lesbarer Stil mit Sebastian Haffners und Wolfgang Venohrs
"Preußische Profile" bzw. "
Preußen ohne Legende" von
Sebastian Haffner. Leicht lesbar hat Ohff einen Blick für das Wesentliche. In
Anlehnung an Haffner sieht er etwa den Weitblick, mit dem Friedrich I., der
erste König, nach der Königskrone griff. Mag es Prestigedenken gewesen sein,
die Erringung der Königskkrone war ein "Zauberwort", wie er in
Anlehnung an Haffner konstatiert und begründete die Macht Preußens. Überhaupt
zeichnet Ohff ein sehr differenziertes Bild der preußischen Könige.
"Preußen erschien geradezu der Erfinder des Militarismus, wobei man
übersah, daß andere deutsche Staaten sich ebenso grimmig auf Kriege
vorbereiteten....Ohne Zweifel hatten die Preußen den Militarismus als ein
staatstragendes Element angesehen und gepflegt, doch zumeist sehr umsichtig
angewendet. Der eigentliche Begründer der preußischen Armee, der sich den
Titel "Soldatenkönig" verdiente [Friedrich Wilhelm I., 1713-1740;
B.N.], hat so gut wie keine Kriege geführt...Sein Urenkel, Friedrich Wilhelm
III., hatte ähnliche Skrupel...Einen Napoleon (oder Hitler) hat Preußen nicht
hervorgebracht. Selbst Friedrich der Große, der alles wagte und das meiste
gewann, war alles andere als ein Tyrann." Diese Feststellungen sind
korrekt. Ebenso sticht der "psychologische Falkenblick" hervor, mit
dem Ohff das Wesentliche vom Unwesentlichen bei seiner Darstelung der Geschichte
der preußischen Könige vom Unwichtigen trennt. Dies kann nur ein ausgewiesener
Kenner. Als dieser erweist sich Ohff, wie die umfangreiche Auswahlbibliographie
am Schluss zeigt, die die allgemeine Geschichtswerke über Preußen ebenso
aufführt wie Memoiren, wichtige Biographien. Eine Zeittafel erleichtert den
chronologischen Zugang. Im Gegensatz zu Krolls Sammelband fehlt ein Stammbaum,
der recht hilfreich gewesen wäre. Krolls Werk ist auch völlig anders aufgebaut
und legt verstärkt Wert auch auf die Preußische Geschichte vor 1701, die bei
Ohff nur gestreift wird. Bei Kroll wird jeder König durcheinen ausgewiesenen
Fachmann vorgestellt. So ist Krolls Werk eher für Spezialisten interessant,
allerdings schwerer lesbar als Ohffs leicht lesbar geschriebenes Werk, bei
welchem der Leser dennoch das Gefühl hat, am Ende alles zu wissen und nichts
wesentliches zu verpassen.
Wer also sich nur kurz über die Herrschaft der preußischen Könige informieren
möchte, ist mit Ohffs Werk sehr gut beraten, wer stärker in die Tiefe gehen
möchte, sollte zu dem Werk "
Preussens Herrscher",
herausgegeben von Frank-Lothar Kroll, greifen. Beides jedoch sind lesbare und
hervorragende Einführungen in die Geschichte der preußischen Könige, wobei in
beiden Büchern aufgrund des gewählten Ansatzes, die Geschichte Preußens
anhand seiner Könige zu beschrieben, der biographische Ansatz naturgemäß
überwiegt. Wer stärker an Sozial-, als an Ereignisgeschichte Preußens
interessiert ist, sollte zu Haffners "
Preußen ohne Legende" oder dem
Standardwerk von Schoepfs "Preußen" greifen oder Wehlers
"Deutsche Gesellschaftsgeschichte" zu Rate ziehen.