Vom Niedergang einer Kulturform
Es wäre für Herausgeber und Redakteure sicherlich wunderbar, würde der
größte Teil der Menschheit dem Autoren Thomas Bernhard zumindest in dessen
Umgang mit dem Medium der gedruckten Zeitung Umgang pflegen.
Dann nämlich wäre von einer Krise der Printmedien nun wirklich keine Rede,
wohl eher müssten die Auflagen deutlich erhöht werden.
"Die Welt war für ihn tragisch und komisch, sie war beides zugleich, und
das meiste, was er von dieser Welt wusste, hatte er, natürlich, aus der
Zeitung".
Wobei "Zeitungen" der korrekte Begriff wäre, denn sieben las er
täglich und zudem all jene, die gerade für ihn interessantes bereithielten.
Wobei es in diesem schmalen, luftig verfassten Band weniger um die
Informationsvermittlung konkreter Zeitungen geht, sondern um einen umfassenden
Blick auf die Kultur des "Zeitungslesens". Was den Ort mit einbezieht
(welch schöne, alte Welt der traditionellen Kaffeehäuser mit ihrer breiten
Auswahl an Zeitungen und Zeitschriften).
Ebenso, wie das Ritual des "Wochenendlesens" zu Wort kommt unter
besonderer Betrachtung der Samstagsausgabe der Süddeutschen Zeitung, aber eben
auch die Diskrepanz zwischen dem "Käseblatt", das von Montag bis
Freitag Lektüre war und dem "Kulturschock" dann jeweils am
Wochenende.
Auch das stimmt dann. "Ist eine Zeitung zu umfangreich, kann sie zur
Belastung werden".
Und immer wieder dringt die kulturelle Veränderung der Gegenwart hindurch, die
vielleicht tatsächlich irgendwann dazu führt, dass Zeitungen nur noch am und
für das Wochenende gedruckt werden oder vielleicht sogar gar nicht mehr.
"Hier nun muss man konstatieren: Selbst ein Franz Xaver Kroetz liest
Zeitung fast nur noch online". Wenn überhaupt, wenn nicht die
Informationen häppchenweise aus allen Ecken der Portale zusammengetragen
werden.
In der äußeren Form übrigens mag das Buch zunächst irritieren, ist es doch
einspaltig mittig gedruckt und somit mit viel leerer Fläche auch versehen.
Ordnet sich hier aber letztlich schlicht in die Spaltenform von Zeitungen ein.
Subjektive Eindrücke, viele Gespräche, die am Rande mit einfließen, immer
wieder der Hinweis auf Thomas Bernhard und im Gesamten doch, zumindest im
hintergründigen Ton, ein "Schwanengesang" auf das Zeitungslesen und
die Kultur desselben.
Fazit
Im Gesamten eine anregende, leicht zu lesende Lektüre, in welcher die Kraft der
Zeitungen (zu ihrer Zeit) und die Veränderung dieser Kulturform treffend
geschildert werden.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 24. August 2016 2016-08-24 12:13:43