Mit "Neue Ufer" ist ein Roman erschienen, den man zwischen Fantasy und
Science-Fiction ansiedeln kann. Es handelt sich dabei um eine Geschichte, die im
Jahre 2200 spielt und auf der uns bekannten Welt zuhause ist. Allerdings hat
sich vieles verändert, so das man als Leser auch das Gefühl haben kann auf
einem fremden Planeten zuhause zu sein. Mutationen haben das Antlitz der Erde
grundlegend verändert. Die Natur ist übermächtig geworden und der Mensch ist
nun selbst zur bedrohten Art geworden. Viele Tiere sind intelligenter als
Menschen und vielerorts bedecken dichte Urwälder, Steppen oder Wüsten das
Bild. Städte, bis auf eine, gibt es nicht mehr und die Menschen wurden durch
eine weitere Katastrophe, größtenteils hunderte von Jahren
zurückgeschleudert.
Vielleicht kommt Andreas Schnell mit diesem Roman ein paar Jahre zu spät, denn
die Welle an Filmen und Büchern die Endzeit zum Thema haben, nimmt gerade
wieder aber. Erfreulicherweise spielt "Neue Ufer" jedoch nur am Rande
in dieser Liga mit. Die Erde und die Umwelt muten zwar endzeitlich an und
verströmen ein phantastisches Flair, doch eigentlich handelt es sich bei dem
Roman in erster Linie um eine Geschichte, die die Charakterentwicklung des
Hauptdarstellers in den Vordergrund zieht.
Lennard Harada, ein Mensch der über besondere Fähigkeiten verfügt (Telekinese
und Telepathie) lag zehn Jahre im Koma. Vor seinem Koma, dessen Grund er im
Laufe der Geschichte zu ergründen versucht, war die Welt schon durch Mutationen
verändert, doch erst während seines Komas trat die zweite Katastrophe ein,
wobei es sich im Übrigen um die Zerstörung des Mondes handelt. Somit muss er
nach seinem erwachen erkennen, dass sich so ziemlich alles verändert hat, was
er vorher als bekannt oder vertraut betrachtet hat. Er erwacht in einem
Krankenhaus in Hirohito City, der einzigen verbliebenen Stadt der Welt. Es
handelt sich dabei um eine Art Biosphäre irgendwo in Asien. Die Menschen die
hier leben waren zum Teil schon seit zehn Jahren nicht mehr vor den schwer
bewachten Toren der Stadt. Kurz nach seinem erwachen muss Lennard ebenfalls
feststellen, dass ihn jemand lieber tot sehen würde und er kann nicht anders
als zu fliehen. Während seiner Reise, die im klassischen Sinne an ein Abenteuer
erinnert, schließen sich ihm mehrere Menschen an. So zum Beispiel die
Krankenschwester Jenny, welche sich in Lennard verliebt, der Raufbold Marek, der
im Laufe der Geschichte eine enge Freundschaft zu Lennard schließt oder der
findige Artie, der über ähnliche Kräfte wie der Protagonist verfügt. Sie
stellen in der Geschichte eine illustere Gruppe, welche durch innere Konflikte
aber auch Gefahren von außen auf die Probe gestellt wird. Dabei muss gesagt
werden, dass es in "Neue Ufer" alles andere als zimperlich zugeht. Es
gibt zahlreiche Kämpfe, die recht detailliert beschrieben werden. In meinen
Augen überschreitet dies hin und wieder die Grenzen des guten Geschmacks aber
zumindest kommen Freunde der plastischen Schilderungen auf ihre Kosten.
Es gibt mehrere Faktoren die "Neue Ufer" antreibt. Zum einen die schon
beschriebene Charakterentwicklung der Haupt- und Nebenakteure. Lennard ist sehr
schön und greifbar beschrieben, es gibt jedoch einige Charaktere die die
Handlung nur in sehr geringem Maße vorantreiben, jedoch trotzdem recht intensiv
beschrieben werden. Hierdurch wird an einigen Stellen Tempo aus dem Roman
genommen, der ansonsten über weite Strecken durch die raschen Szenenwechsel zu
überzeugen weiß. Die Handlungsstränge, von denen die meisten am Ende zu einem
gemeinsamen Ende führen, sind gut ausgearbeitet und es macht Spaß die
Eigenheiten der einzelnen Charaktere herauszufinden. Zum anderen ist es die
plastische Beschreibung der Umwelt, durch die man sich in die Welt im Jahre 2200
hineingezogen fühlt. Beschreibungen dieser Art sind nie sonderlich langatmig in
"Neue Ufer", schaffen es jedoch dem Leser einen guten Eindruck zu
vermitteln.
Fazit
"Neue Ufer" ist ein durchweg guter Roman, der an einigen Stellen
allerdings ein besseres Lektorat verdient hätte. Es gibt einige Fehler die
unangenehm auffallen, doch im Großen und Ganzen ist man mit dem Roman gut
bedient, wenn man auf Cross-Genre Geschichten steht. Sci-Fi gemischt mit Fantasy
und Endzeit. Auf jeden Fall ein lesenswertes Erlebnis, dass leider nur knapp 300
Seiten anhält. Das Ende lässt jedoch darauf hoffen, dass ein zweiter Teil in
Arbeit ist.
Vorgeschlagen von Daria
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veröffentlicht am 24. Januar 2010 2010-01-24 13:01:34