Mit dem Roman bringt Regine Kölpin die Leser in das Ostfriesland des 16.
Jahrhunderts. Ein Jahrhundert, das geprägt war vom Kampf der Religionen. Die
Reformer bekamen immer mehr Zuspruch, doch die Katholiken versuchten mit allen
Mitteln, ihre Machtpositionen auszubauen und zu halten. Am Rande dessen
entstanden neue und besondere Religionsgemeinschaften, die ihren eigenen Weg
gehen wollten. In Ostfriesland fanden sie Ländereien und Wohlgesinnte, die
ihnen ein Leben in ihrem Glauben und Frieden versprachen. Ostfriesland war
Zufluchtsort vieler Glaubensflüchtlinge besonders aus Holland.
Der Roman zeigt aber, dass es nicht immer ruhig zuging in diesen Gemeinschaften.
Als Hiske Aalken, die in Jever als Hexe vor dem Tribunal stand und in letzter
Minute fliehen konnte, in der "Herrlichkeit Gödens" ankommt, ist
gerade ein Mord geschehen. Das Opfer war ein Anführer einer Gruppe von
Täufern. Sofort wird klar, dass es um Macht innerhalb der Gemeinschaft geht,
und dass Hiske für so manchen eine willkommene Täterin wäre. Aber auch der
große Junge, von der Erscheinung her beinahe ein Erwachsener, aber nach Alter
ein Kind, wird als Täter ins Spiel gebracht. Nur mit Mühe und dank der
Menschen, die erkennen, dass Hiskes Kenntnisse als Hebamme und Heilerin
unverzichtbar für die Gemeinschaft sind, kann sich Hiske den Anschuldigungen
erwehren. Bis schließlich ein weiterer Mord geschieht...
Kölpin hat in diesem Roman eine bedrückende Atmosphäre um eine
Religionsgemeinschaft aufgebaut und bringt das Geschehen der damaligen Zustände
in einer spannenden Geschichte näher. Schnell erkennt nicht nur die
Protagonistin, sondern auch der Leser, dass eine Gemeinschaft so gut wie jede
andere ist, wenn es um die Macht und den Anspruch der Führung darinnen geht.
Nach umfangreicher Recherche hat die Autorin mit viel Akribie die Zustände
beschrieben und reale Personen mit fiktiven Figuren in eine Handlung verstrickt,
bei der man auf das Ende hin miträtselt und darauf neugierig bleibt. Doch als
Erzählung angelegt, bleiben viele Aktionen, Handlungen und Dialoge etwas auf
der Strecke. Ich hätte mir etwas mehr Lebhaftigkeit gewünscht. Der Spannung
haben diese erzählenden Strecken allerdings nicht geschadet.
Der erste Band gibt der Trilogie um die Hebamme Hiske Aalken einen angemessenen
Auftakt und erhält eine unbedingte Leseempfehlung. (Zur Info: Band 2 "Der
Meerkristall", Band 3 "Das Signum der Täufer")
Fazit
Kölpin hat in diesem Roman eine bedrückende Atmosphäre um eine
Religionsgemeinschaft aufgebaut und bringt das Geschehen der damaligen Zustände
in einer spannenden Geschichte näher.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 10. Juli 2016 2016-07-10 17:19:29