Minette Walters arbeitete viele Jahre als Redakteurin in London bevor sie das
fiktive Schreiben begann. Ihr erster Roman "Im Eishaus" wurde sofort
zum internationalen Bestseller und als bestes Krimidebüt ausgezeichnet. Der
vorliegende Roman "Die Bildhauerin" ist ihr zweiter Roman und erhielt
den Edgar-Alan-Poe-Preis. Walters lebt mit ihrer Familie in Hampshire und ihre
Romane spielen häufig in und um Southampton im Süden Englands. Als Bildhauerin
wird die mehr als übergewichtige Oliv Martin im Gefängnis bezeichnet. Sie
sitzt bereits seit fünf Jahren hier, weil sie gestanden hat, ihre Mutter und
ihre jüngere Schwester in der Küche des elterlichen Hauses ermordet zu haben.
Den Beinamen Bildhauerin hat sie von den anderen Gefängnisinsassinnen und
Wärterinnen erhalten, weil sie Puppen aus Modelliermasse knetet und diese
gelegentlich wie Voodoopuppen mit Nadeln durchsticht. Als Oliv vor fünf Jahren
das Geständnis ablegte, gab es keine weiteren Tatverdächtigen ohne Alibi,
deshalb waren die Ermittlungen schnell abgeschlossen und auch die
Gerichtsverhandlung ging rasant über die Bühne. Allenfalls die
Begleitumstände waren bemerkenswert da die 23jährige von Presse und
Öffentlichkeit als Monster gebrandmarkt wurde, ihre Hässlichkeit aufgrund
ihrer Leibesfülle passte geradezu perfekt zu der Grausamkeit der Tat. Auch im
Gefängnis ist sie so etwas wie eine Diva. Ihre Mitgefangenen trauen sich nicht,
sie etwas härter anzupacken. Oliv hat sich damit eine Rolle zugelegt, mit der
sie sich lästige Menschen vom Leib hält.
Die Journalistin und Schriftstellerin Rosalind Leigh hat von ihrem Verleger den
Auftrag bekommen, ein Buch über einen bizarren Fall zu schreiben. Eigentlich
widerstrebt es ihr, solch ein Auftragswerk zu schreiben, doch dann stößt sie
auf Olive Martin und auf deren dunkles Geheimnis. Sie entdeckt immer mehr
Ungereimtheiten, die so gar nicht zu dem ansonsten klaren Fall passen. Rosalind
macht sich auf den Weg, deren Unschuld zu beweisen. Doch bis zum Ende des Romans
kann sich der Leser nicht sicher sein, ob die Beweiskette, die die
Schriftstellerin aufstellt, lückenlos ist. Das wird immer wieder zwischendurch
klar. Der Roman wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Über große
Teile verfolgt der Leser die Handlungen der Schriftstellerin Rosalind und sieht
alles aus mehreren Blickwinkeln. Er kann ihr dabei gut folgen und mit ihrer
Meinung einhergehen. In dem Moment aber, wenn der Erzähler lediglich den Raum
um die Bildhauerin ausleuchtet, wird ein komplett anderes Bild wiedergegeben. So
verwundert es nicht, dass am Ende des Romans, der bis dahin einen glücklichen
Verlauf nahm, dem Leser das Schaudern über den Rücken läuft.
Fazit
Spannung pur mit interessanten Figuren, die erst zueinander finden müssen. Eine
unterhaltsame Milieustudie aus den Arbeitervierteln der südenglischen
Hafenstadt.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 03. Juni 2016 2016-06-03 17:11:08