Christian Graf von Krockow hat eine sehr lesenswerte Biographie von Stauffenberg
geschrieben. Er zeigt auf, warum sich der zunächst begeisterte Hitler-Anhänger
zum Widerständler wandelte. Besonders eindrucksvoll ist es, dass Krockow
aufzeigt, wie mutig die Entscheidung, gegen Hitler ein Attentat zu verüben,
gewesen ist. Denn bei einem Fehlschlag bezahlte man im totalitären Staat mit
dem eigenen Leben. Es war in der Tat eine Frage des Gewissens. Ähnlich
eindringlich wie Marion Gräfin Dönhoff in ihrer fast gleichnamigen
Publikation: "Um der Ehre willen" (überhaupt habe ich den Eindruck,
dass diese beiden persönlich befreundeten und aus demselben ostpreußischen
Milieu stammenden Schriftsteller viele geistige Gemeinsamkeiten hatten) zeigt
Krockow auf, dass die Widerständler ein besseres, ein moralischeres Deutschland
wollten - und alles taten, um das Land von Hitler zu befreien. Wie schwierig es
war, die eigenen Skrupel zu überwinden, den auf Hitlers Person geschworenen Eid
zu verletzen und die Tat zu wagen, weil sich derjenige, auf den der Eid
geschworen war, als skrupelloser Verbrecher erwies, der das Land in den Abgrund
führte, zeigt Krockow - wie Frau Dönhoff - auf. Das Attentat musste trotz
geringer Erfolgsaussichten (das Dritte Reich war ein totalitäter Staat) gewagt
werden, um, wie Henning von Treskow, einer der Mitverschworenen sagte, vor der
Welt zu zeigen, dass Deutsche diesen mutigen Schritt gewagt hatten. Auch der
schmerzliche Wandlungsprozess Stauffenbergs vom Hitler-Bewunderer zum
erbitterten Gegner wird gut dargestellt.
Wie in seiner sehr gut lesbaren Hitler-Biographie beschäftigt Krockow die
Frage, wie es möglich war, dass die Deutschen Hitler verfallen sind, dass diese
Kulturnation ein solch barbarisches Regime erhielt. Sehr interessant die
Erörterung der Frage, was zu tun ist, damit Hitler nicht wiederkehren kann und
damit solche "Helden" wie Stauffenberg nicht mehr notwendig sind. Es
bleibt zu hoffen, dass die politische Reife und das demokratische Bewußtsein
der Deutschen so weit ausgeprägt ist, dass auch in wirtschaftlichen und
politischen Krisenzeiten ein Rattenfänger wie Hitler keine Chancen mehr
erhält. Denn dies ist das wichtigste an diesem Buch: es zeigt noch einmal für
seine Zielgruppe - in erster Linie junge Leute - auf, wie wichtig es ist, die
Entstehung einer totalitären Diktatur zu verhindern. Denn - so Krockow zu recht
- wenn diese erst einmal etabliert ist, ist es fast unmöglich, sie von innen zu
beseitigen. Auch dies zeigt der 20. Juli 1944, der hunderte von unschuldigen
Opfern gefordert hat.
Fazit
Insgesamt ein eindrucksvolles Buch, wenn auch nichts "Neues" geliefert
wird, was der Autor nicht in früheren Publikationen angesprochen hätte oder
was Marion Gräfin Dönhoff und andere - hervorragende Stauffenberg-Biographen,
wie Peter Hoffmann, bereits in ihren Schriften dargestellt haben. Trotzdem:
gerade für Jugendliche, aber auch für jeden politisch Interessierten nach wie
vor äußerst lesenswert.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 28. Februar 2004 2004-02-28 12:41:02