"Rattensommer" ist der zweite Krimi aus der Gonzo-Reihe des
Autorenduos Karr & Wehner. Wie schon zuvor beim "Geierfrühling" geht
es auch bei diesem Roman in die abgrundtiefsten und schmutzigsten Ecken der
Ruhrmetropole Essen.
Es ist Sommer. Der Videoreporter Gonschorek, genannt Gonzo, ist wegen der
Sommerflaute wieder knapp bei Kasse. Aber eigentlich ist er das ja immer.
Zufällig läuft er dem Filmproduzenten Matzke über den Weg, der für einen
Pornodreh einen Kameramann benötigt. Gonzo sieht keinen anderen Ausweg. Lernt
er doch auf diesem Wege gleich mal eine andere Filmbranche kennen. Doch beim
Dreh fällt ihm in einer Ecke ein junges Mädchen auf, der es offensichtlich gar
nicht gut geht.
Kurze Zeit erfährt er, dass dieses Mädchen tot ist. Sie ist eine von mehreren
Mädchenleichen, die in letzter Zeit in Essen gefunden wurden und dem
"Ruhrkiller" zugeschrieben werden. Die Polizei ermittelt bereits unter
Hochdruck. Mit seinen Spuren am Filmset gerät auch Gonzo ins Visier der
Fahnder. Weniger als tatverdächtiger denn als Zeuge, noch besser als Spitzel.
Für seine Videoreportagen muss er immer nah am Geschehen sein, deshalb kennt er
viele Polizisten, die ihn diese Tat und eine Verstrickung darin zwar nicht
zutrauen, aber die der Meinung sind, er könnte sich bei den Pornofilmern in der
Szene mal umhören und berichten.
Das Autorenduo hat für diesen Krimi 1996 den Friedrich-Glauser-Krimipreis
erhalten. Ihr Geschick ist die realitätsnahe Schilderung eines Milieus, welches
immer wieder als Klischee in den Medien auftaucht, mit dem in der Realität kaum
ein Mensch zu tun haben möchte. Dabei bedienen sie sich vielfältiger Methoden
der Actiondarstellung und Spannungserzeugung. Es wird das typische Bild eines
Verlierers gezeichnet, der alle Abgründe des menschlichen Lebens auch sich zu
vereinen scheint, und dennoch am Ende als (nicht ganz so strahlender) Sieger
dasteht. Ganz im Stil eines Dashiell Hammett lassen die Autoren ihren
journalistischen Ermittler durch das "verkommene" Essen schreiten. An
der Seite immer seine Sekretärin ("Ich bin nicht Ihre Sekretärin."),
Assistentin, Chefin ("Du bist nicht meine Chefin.") Betty.
Fazit
Ein Lesevergnügen voller Korruption und Schmutz.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
[Profil]
veröffentlicht am 01. Mai 2016 2016-05-01 18:19:37