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Michel Cymes: Hippokrates in der Hölle

Hippokrates in der Hölle

von Michel Cymes
Verlag: Theiss Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Biografie
ISBN-13 978-3-8062-3285-1

Preis: 17,10 Euro bei Amazon.de [Stand: 20. November 2024]
Wichtiges Wachhalten von grausamen Taten

Josef Mengele ist natürlich allgemein ein Begriff. Ebenso dürfte immer noch breit bekannt sein, dass im dritten Reich in den Konzentrationslagern vielfache "medizinische Forschung" an den Insassen durchgeführt wurde. In einem experimentellen Grad, in einer Grausamkeit gegenüber den "Probanden", die weniger galten als ein totes Stück Fleisch, die malträtiert wurden in einer Art und Weise, die bis heute kaum vorstellbar scheint und allein schon durch einfache Schilderungen tiefe Beklommenheit beim Leser auslöst.

Entgegen jedes berufsethischen Selbstverständnisses, entgegen auch der Lehre, ganz zu Schweigen vom hippokratischen Eid, es waren nicht nur wenige, es waren viele, die an vorderster Front Experimente durchführten. Und das überwiegend nicht gezwungen oder mit schlechtem Gewissen, sondern bereit, neugierig, gerne, mit tödlicher Begeisterung manche.

Eine Haltung, die sich weit in die Ärzteschaft hinein langsam mit verbreitete. Nicht in gleicher, experimenteller und menschenverachtender Form, wohl aber als eine schleichende Aushöhlung des Grundverständnisses, medizinische Hilfe nicht zu verweigern und allen gleich zukommen zu lassen, wenn Not am Manne wäre. "Ich ahne die ausgezehrten Leiber, die sich vor Schmerzen krümmen, flehen", die nur mehr als Objekt, als Fleisch, als Zweck der Forschung angesehen wurden, in den Augen ihrer "Benutzer" allen menschlichen Seins beraubt.

"Keine Analysen mehr. Keine Erklärungen. Stellvertretendes Grauen. Zeugnis ablegen".

Das ist, was Cymes zunächst innerlich bewältigen muss, dass ist, was für ihn im Angesichts dessen, was geschah, einzig mögliche Haltung und Reaktion sein kann. Und im weiteren Verlauf des Buches bleibt er dieser Linie treu. Er verliert sich nicht in vielfache Erklärungen, "wie" das geschehen konnte, er stellt eher dar, zeigt auf, geht nach, legt offen, "was" geschehen ist und welche Folgen dies hatte. Und hat. Denn es waren nicht die "Verlierer" die ihren Professoren etwas beweisen wollten, es waren nicht Paria, die dort als Mediziner im pervertierten Sinne des Wortes tätig waren, es waren auch Koryphäen, es waren auch befähigte, eigentliche "gute" Ärzte.

Die sich darauf einließen, auf dieses "Wir, der Staat, Hitler und Himmler, tragen die Verantwortung. Ihr Ärzte seid nur das Werkzeug. Enmündigend und "das Böse" freisetzen zu gleichen Zeit. Sigmund Rascher, der von "Menschenmaterial" sprach. Wilhelm Beiglböck, der jedem, den er ind ie Fänge bekam, prophezeite: "Ihr werdet wahnsinnig werden". Aribert Heim, der "Schlächter von Mauthausen", Mengele, ein Blick auf die Straßburger Skelettsammlung der Köpfe "kommunistischer Kommissare". Bis hin zum nicht leicht erträglichen Ende und Fazit des Buches, in dem zu lesen ist, wie viele der echten Verbrecher des dritten Reiches, der aktiven Täter umgehend unter den Alliierten weiter tätig waren, regelrecht gesucht wurde. Eben nicht nur in der Raketenforschung.
Fazit
Eine einfach und schlicht gehaltene Lektüre, die es wert ist, intensiv gelesen zu werden.
9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 22. März 2016

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