"Wo haben Sie denn so gut Deutsch gelernt" werden Juden in Deutschland
oft ganz naiv gefragt. Dann müssen sie erklären, dass jüdisch ihr Glaube und
nicht ihre Nationalität ist.
Stefanie Zweig will ihren Lesern mit einem Liebesroman den Alltag junger Juden
in Deutschland näher bringen. Die Idee: "Christliche Frau verliebt sich in
jüdischen Arzt" ist gut, die Darstellung weniger. Andrea, die ihr Studium
in Romanistik erfolgreich abgeschlossen hat, wird als naives, mädchenhaftes
Wesen geschildert, das sich gern auf den Schoß ihres tollen Mannes flüchtet.
Sie will es ganz besonders gut machen, zum jüdischen Glauben übertreten und
alle Vorschriften preußisch genau befolgen.
Ihr Mann Alfred ist in seinem Zynismus und seiner Witzelei über jüdische
Regeln und Normen ein erfrischender Gegensatz. Die Beschreibung seiner
Beziehung zur dominanten Mutter ist gut gelungen, völlig unrealistisch dagegen
die Darstellung seiner Berufstätigkeit: welcher praktizierende Kinderarzt kann
seine Termine einfach absagen, wenn er gerade mal keine Lust hat?
Die Fettnäpfchen, in die wohlmeinende, aber unwissende Bekannte im Gespräch
mit Juden treten können, sind anschaulich geschildert. Allein die Namenswahl
für Andreas und Alfreds erstes Kind wird zur schwierigen Gratwanderung: die
Namen der während des Nationalsozialismus Umgekommen sind tabu und nach
Lebenden nennt man auch keine Neugeborenen.
Mit der Darstellung der Feierlichkeiten zu Yom Kippur kriegt die Handlung dann
gerade noch die Kurve. Doch sie bleibt farblos. Das religiöse Leben der
jüdischen Gemeinde Frankfurts wird so geschildert, als gäbe es keine Konflikte
mit der Integration von Zuwanderern und keine Bedrohung durch Attentäter, keine
Bewachung der Gebäude rund um die Uhr.
Fazit
Schade, aus der guten Idee hätte man mehr machen können.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 26. Januar 2004 2004-01-26 21:08:40