Schade. Die bekannten Rußland-Experten Michel Meyer und Michel Tatu (letzterer
mit seinem bahnbrechenden Buch "Macht und Ohnmacht im Kreml" (1968))
haben 1991 - 3 Wochen vor dem Putsch gegen Gorbatschow - einen Thriller
vorgelegt, in dem gerade gegen Gorbatschow geputscht wird. Die Duplizität der
Ereignisse war so offensichtlich, daß der Spiegel in der Putschwoche eine
begeisterte Rezension über dieses Buch schrieb. Leider hielt der Titel nicht,
was er versprach. Zwar beweisen die Autoren erhebliche Kenntnisse über Rußland
und die sowjetische Staats- und Regierungsspitze mit zahlreichen Anspielungen
(etwa über den mysteriösen Absturz des sowjetischen Generalstabschefs
Birjusows und des ZK-Abteilungsleiters des Militärs nach Chruschtschows Sturz).
Insgesamt jedoch wird dieses Wissen mit einer sehr langatmigen Geschichte
verbunden, nach dem Motto: Gorbatschow hat einen Putsch inszeniert, um seine
Widersacher loszuwerden. Wenn man bedenkt, daß nicht Gorbatschow, sondern -
wenn überhaupt - Jelzin der Nutznießer des Putsches war, so ist zwar die
genaue Analyse der sowjetischen Machtverhältnisse und des Ablaufes des Putsches
interessant (fast genauso erfolgte er 3 Wochen nach Erscheinen des Buches),
jedoch haben die Autoren versäumt, den Thriller glaubwürdig zu gestalten;
unglaubhafte Action-Szenen und Personen (die Charakterisierung ist ebenfalls
nicht stimmig), so daß es sich nach meiner Überzeugung um eine
Schnellproduktion handelt. Schade, hätten die Autoren mehr Sorgfalt auf die
Thrillerhandlung gelegt, wäre mehr dabei herausgekommen. So ist der Roman für
mich weder Fisch noch Fleisch: der politische Teil ist für Thrillerleser zu
ausführlich und zu langatmig, für Politikinteressierte ist wiederum die
Thrillerhandlung zu unglaubwürdig.
Fazit
Etwas mehr Sorgfalt statt Schielen nach Verkaufserfolg hätte dem Buch gut
getan.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 23. Februar 2004 2004-02-23 14:00:17