Tamina Block sieht an einem stürmischen Abend eine Person vor ihrem Haus, die
auf Hilfe angewiesen ist. Als sie die Person ins Haus holt erfährt sie, dass es
sich um einen Engel handelt, der von dunklen Mächten seiner Zunft gejagt wird.
Unterdessen bittet Raniel der Gerechte John Sinclair um Hilfe. Er soll einen
Engel beschützen, der sich im Allgäu auf der Flucht befindet. Zusammen mit
Harry Stahl begibt sich der Geisterjäger auf die Suche, nur um zu erfahren,
dass die Suche mit einigen Überraschungen verbunden ist.
Auf einige Überraschungen muss sich auch der Leser dieses Romans gefasst
machen. In meiner Jugend haben mich die Abenteuer des Geisterjägers (damals
noch als gedruckter Roman in Heft- und Taschenbuchform) begleitet. Durch die
Hörspielserie ist mein Kontakt zur Serie nie ganz abgebrochen. Bedingt durch
die Werbekampagne zur einhundertsten Hörspielfolge und durch die Tatsache, dass
nunmehr auch andere Autoren für die Serie schreiben (um Serienerfinder Helmut
Rellergerd zu entlasten), beschloss ich, mir den ganz aktuellen Roman zuzulegen,
um ein wenig das Feeling vergangener Zeiten heraufzubeschwören.
Die Freude meinerseits war groß, dass "Totenreich" auch vom Meister
persönlich verfasst wurde. Erhoffte ich vor der Lektüre eine Rückkehr zu
vergangenen Jugendtagen mit spannenden und schaurigen Momenten, entglitten mir
auch tatsächlich die Gesichtszüge beim Lesen. Die Story an sich mag zwar nicht
neu sein (kann man nach über 1900 Folgen noch etwas Neues erwarten?), hat aber
durchaus Potential und mit Julian eine interessante neue Figur. Was jedoch gar
nicht geht, ist die stilistische Umsetzung, die gerade in der Mitte des Romans
(Johns Ankunft im Allgäu, der Wechsel in der Dimension) stellenweise
unterirdisch ist. Dieser Roman kann unmöglich durch ein Lektorat gegangen sein.
Und wenn doch, dann ist es für einen Verlag wie Bastei und für eine so
renommierte Serie wie John Sinclair eine absolute Frechheit. Unzählige
Füllwörter (vor allem das Wort "auch" kommt stellenweise mehrfach
pro Seite vor), hölzerne Dialoge, komplett farblose Figuren (Harry Stahl tappt
unbeholfen durch die Handlung und agiert nur als Stichwortgeber für die oft
sinnfreien Dialoge mit John Sinclair) und Logikfehler machen diesen Roman zu
einem echten Ärgernis. Da kann es auch kein Argument sein, dass es sich nur um
einen Heftroman handelt. Zumindest kann ich mich nicht erinnern, dass die
früheren Werke so miserabel waren. Ich hatte stellenweise das Gefühl, die
schnell heruntergeschriebene, unlektorierte Erstfassung zu lesen.
Fazit
Mein Wiederlesen mit John Sinclair hatte ich mir anders vorgestellt. Dieser
Roman rechtfertigt alle Vorbehalte, die man gegen diese Art von Literatur nur
haben kann. Trotzdem habe ich mich dazu entschieden, der Serie in den nächsten
Wochen ein wenig zu folgen, um zu erfahren, ob es sich bei diesem Roman um einen
Ausrutscher handelt oder ob das Niveau der Serie wirklich nur noch kurz über
dem Dschungelcamp liegt.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 01. April 2015 2015-04-01 16:26:02