Prinz Yarvi von Gettland ist kein Held. Er hat eine verkrüppelte Hand und ist
auch kein Krieger wie sein Vater und sein älterer Bruder. Als beide jedoch
ermordet werden verändert sich Yarvis Leben schlagartig und er schwört Rache -
er mag nur ein halber König sein, aber er wird seinen Schwur vollständig
einhalten. Doch schon bald muss Yarvi erkennen, dass selten alles so ist wie es
scheint und man als König oft eher den Dolch im Rücken als das Schwert eines
Gegners vor einem fürchten muss.
Joe Abercrombie zählt
ohne Zweifel zu den besten zeitgenössischen Autoren im Bereich Fantasy - oder
besser zu dem maßgeblich von ihm geprägten Subgenre "Grimdark",
einer um harten Realismus bemühten fiktiven Darstellung, in der politische
Intrigen, menschliche Tugenden und Abgründe die Hauptrolle spielen, während
Magie faktisch kaum vorkommt. Abercrombie verbindet immer wieder eine harte,
düstere Darstellung mit interessanten Charakteren, spannenden Handlungen und
scharfen Dialogen, die mit schwarzem Humor gewürzt sind. Abercrombie legt mit
dem Roman "Königsschwur" den ersten Band einer Trilogie vor, die in
einer neuen Fantasywelt angesiedelt ist als seine bisherigen Bücher. Zugleich
zielen sie auf ein noch breiteres, teils jüngeres Publikum ab: Das Setting ist
weiterhin eher düster und die Handlung auf realistische Wendungen ausgerichtet,
doch wird das Tempo angezogen und die Handlung ist knapper und stärker auf
weniger Personen konzentriert. Das ist keineswegs als Kritik zu verstehen, denn
dadurch wirkt die Schilderung noch lebendiger und fokussierter.
Der gebildete Yarvi ist ein Außenseiter, der einer Welt nicht gewachsen
scheint, in der nicht die Feder, sondern das Schwert zählt und nur die Starken
und Listigen sich durchzusetzen scheinen. Aber Yarvis scharfer Verstand und
seine schnelle Auffassungsgabe helfen ihm immer wieder im Verlauf der Handlung,
in der auch aus Fehlern lernt. Am Ende ist Yarvi kein naiver Jugendlicher mehr,
sondern ein junger Mann, der desillusioniert und gleichzeitig bestrebt ist, sich
in der Welt politischer Intrigen und kriegerischer Konflikte zu behaupten. Der
Weg dorthin ist allerdings hart und steinig. Von einem Verwandten verraten, muss
Yarvi kurz nach Beginn der Handlung Lehrgeld zahlen und den ungünstigsten
Situationen trotzen. Dabei zerbricht er zwar nicht, doch er wird auch nie wieder
der junge Mann zu Beginn der Handlung sein. All dies schildert Abercrombie in
sehr flüssig lesbarer und spannender Form. Man darf auf die folgenden beiden
Bände gespannt sein.
Fazit
Abercrombies neues Werk ist eine hervorragend lesbare und spannende Lektüre.
Leser, die ansonsten nichts mit Fantasy anfangen können, sei das Buch besonders
ans Herz gelegt. Denn der harte Realismus und die gekonnte Charakterentwicklung
erinnert eher an (die besseren) historischen Romane - wobei man hier den
unschätzbaren Vorteil hat nie zu wissen, wie die Geschichte endet.
Nur eine Bemerkung zum Titel: Während bei Heyne etwa die mehr als
empfehlenswerten Bücher von
Pierce Brown im Originaltitel
belassen werden, wird aus Abercrombies "Half a King" der
"Königsschwur" - man hätte hier auch einen anderen Weg gehen
können, zumal die anderen Originaltitel Abercrombies passender sind.
Vorgeschlagen von B. Kiemerer
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veröffentlicht am 10. Januar 2015 2015-01-10 19:56:00