Wenn man fünfzehn ist, kommen einem die eigenen Eltern oft alt vor. Mit
fünfundzwanzig verschwendet man selten einen Gedanken ans älter werden. Mit
fünfundvierzig ist man aufgrund seiner Lebenserfahrung bereit, sich mit dem
Thema Alter auseinanderzusetzen, da es mehr und mehr Einzug in das eigene Leben
hält. Und eher man sich versieht ist man fünfundsechzig und in dem Alter, in
dem man sich Gedanken darüber macht, was noch vor einem liegt. Auch wenn, wie
der unlängst verstorbene Udo Jürgens seinerzeit gesungen hat, das Leben mit
sechsundsechzig Jahren erst anfange.
Gerhard Josten wird im nächsten Jahr siebenundsiebzig Jahre und hat jetzt als
Herausgeber einer Anthologie fungiert, die mich bewegt und berührt hat, und die
ich in den nächsten Jahren immer wieder gerne zur Hand nehmen werde, um darin
zu lesen. "Lust und Last des Alterns" beschäftigt sich überaus
vielseitig mit einem Prozess, mit dem jeder Mensch anders umgeht, dem wir uns
aber alle unterwerfen müssen. Während der eine es gelassen sieht, bemüht sich
der andere, dies mit allen Kräften aufzuhalten.
Um dem großen Thema Alter gerecht zu werden, hat Gerhard Josten ganz
unterschiedliche Texte gesammelt und auch selbst verfasst. Es beginnt mit einem
Geleitwort von Hellmuth Karasek, führt über Texte und Aphorismen ganz
unterschiedlicher Autoren wie Otto Buchegger oder Heinz von Ballmoos und endet
mit einem Schlusswort des Herausgebers, dessen letzter Satz als Synonym für
das gesamte Werk herhalten kann: "Wenn ich der Leserschaft zum Abschluss
etwas von Herzen wünschen darf, dann möchte ich es mit dem Bild einer Waage
veranschaulichen, die der Lust am Altern etwas mehr Gewicht und Bedeutung
verleiht, als der Last."
Das sich der Leser diesem Fazit vorbehaltlos anschließen kann, liegt an den
vorangegangenen 344 Seiten, die mich auf's angenehmste informiert und
unterhalten haben. Interviews mit Max Schautzer oder Elisabeth Schüler (der
Schwester des Herausgebers) haben daran ebenso ihren Anteil, wie eine Vielzahl
weiser Sprüche großer Männer und Frauen wie Goethe, Mark Twain, Leonard Cohen
oder Simone de Beauvoir, die sich allesamt ihre Gedanken zu dieser Thematik
gemacht haben.
Fazit
Wie eingangs gesagt ist die Anthologie "Lust und Last des Alterns" ein
Buch, dass ich immer wieder zur Hand nehmen werde. Zudem hat es dazu geführt,
mich mit einem Thema zu beschäftigen, dass ich für mich noch nicht wirklich
auf dem Lebensschirm hatte: Die Frage, wie und wann man altert. Auch wenn
niemand sagen kann, was morgen ist, so hat dieses Buch seinen Anteil daran, dass
ich mir um dieses Thema keine wirklichen Sorgen mehr mache. Vielmehr halte ich
es wie Robert Lembke: "Alt werden ist natürlich kein reines Vergnügen.
Aber denken wir an die einzige Alternative..." In diesem Sinne kann ich nur
sagen, dass "Lust und Last des Alterns" ein tolles Buch für alle
Alters- und Gesellschaftsklassen ist.
Vorgeschlagen von Michael Krause
[Profil]
veröffentlicht am 30. Dezember 2014 2014-12-30 13:38:09