Seinen Spitznamen Mogel wird Miguel wohl nicht so bald wieder los. Miguel hat
gemogelt und beim Trinkspiel Becher-Pong alkoholfreies Bier eingeschenkt. Warum
das Haus seiner Eltern strikt alkoholfrei zu bleiben hat, das ist eine andere
Geschichte. Zur Strafe zwingen Mogels Freunde ihn, eine Nacht lang als Frau
verkleidet auf die Piste zu gehen. Die älteren Schwestern der Kumpels rücken
als Maskenbildnerinnen an. Mogel wird enthaart, gefeilt, gestylt und geschminkt.
Die Mädels geben ihm noch mit auf den Weg, wie er Mackersprüche kontern kann.
Doch High Heels allein machen aus einem Fünfzehnjährigen noch keine Drag
Queen. Mogel darf sich nicht durch seine Körpersprache verraten, wenn er nicht
zum Gespött der Leute werden will. Erst in letzter Minute kann er vor der Tür
der Männertoilette stoppen und gerade noch in die richtige Richtung stöckeln.
Auch der Griff zum Handy geht ins Leere; SMS zirpen an diesem Abend im
Handtäschchen, nicht in der Jeanstasche.
Miguel und seine Kumpels stammen aus einer Plattenbausiedlung am Stadtrand. Als
seine Eltern ein älteres Reihenhaus kaufen und Miguel in die Schule des neuen
Stadtteils wechselt, empfinden die Jungs das als Verrat. Miguel könnte sich
für etwas Besseres halten, die alte Allianz von Jungen aus dem Nordturm und dem
Südturm der Siedlung aufkündigen wollen. Man legt seine Kumpels nicht einfach
so ab, nur weil man umgezogen ist. Miguels Aktion könnte die angeknackste
Beziehung zu seinen Freunden wieder in Ordnung bringen. Auf seiner nächtlichen
Tour trifft er das Mädchen Candy, die er als verwandte Seele empfindet. Zwei
einsame Romantiker tauschen sich darüber aus, wie schwer sie es in dieser Welt
haben. Ein Problem, über das Candy nicht sprechen kann, führt die beiden
Jugendlichen in eine gefährliche Situation und bringt die bis dahin eher
rührend-romantische Selbstfindung eines Fünfzehnjährigen zu einem rasanten
Ende.
Fazit
In einer dem fünfzehnjährigen Icherzähler maßgeschneiderten bildreichen
Sprache lässt Nils Mohl seinen Protagonisten zunächst indirekt sich selbst
finden, indem er buchstäblich in die Schuhe des anderen Geschlechts schlüpft,
und schließlich noch ein filmreifes Abenteuer erleben.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 06. Oktober 2014 2014-10-06 11:10:01