Im Zen sagt man "Jeder Tag ist ein guter Tag."
Die Frage ist nur: Was musst du machen, damit
jeder Tag ein guter Tag wird?
Was musst du besitzen, um jeden einzelnen Tag
wirklich genießen zu können?
Und die Antwort lautet: überhaupt nichts!
Du musst überhaupt nichts tun oder besitzen,
um glücklich zu sein.
Du wirst nur ständig von der Idee an der Nase
herumgeführt,
dass du dies machen musst oder das haben willst.
Wenn du endlich erkennst, dass diese Idee nur ein
Hirngespinst war, wird jeder Tag wirklich ein guter
Tag sein. (Sawaki Kodo)
Als an einem Samstag unerwartet das Buch "Zazen oder der Weg zum
Glück" eintraf, erwartete ich gar nichts davon - und kam beim Lesen zu
überraschenden Einsichten. Abt Muho (in seinem vor-japanischen Leben der
Deutsche Olaf Nölke) hat nach seinem Japanisch-Studium eine langjährige
Ausbildung zum Zen-Meister absolviert und leitet inzwischen Antaiji, eines der
größten japanischen Zen-Klöster. Zazen ist die japanische Bezeichnung für
die Sitzmeditation im Zen-Buddhismus. Zu Beginn seines ersten zweijährigen
Aufenthaltes in Antaiji wies Muhos Meister ihn darauf hin, das er das eigene
Leben selbst gestalten solle: "Antaiji ist das, was du daraus machst."
Die Mönche des abgelegenen Klosters müssen den klösterlichen Haushalt durch
die Bearbeitung von 50ha Land mit Gemüse, Reis und Brennholz versorgen. Muho
selbst erlebt nicht nur die Lebensbedingungen als hart, sondern ebenso die
Überwindung der eigenen inneren Widerstände. Die alltägliche Plackerei
schildert Muho mit einer Leichtigkeit des Stils, die in beunruhigendem Gegensatz
zur Wirklichkeit steht, als Kampf gegen sich selbst und als Begreifen des
eigenen Horizonts. Westliche Ratgeber-Bücher rede ihren Lesern gut zu, sie
werden "es schon schaffen". Im Gegensatz dazu beherzigt Muho das
Prinzip der Sumo-Ringer: es kommt nicht auf das Resultat an, jeder muss stets
sein Bestes geben.
Muho zeichnet in seinem Buch ein illusionsloses Bild des modernen Japan. Er
verknüpft die eigene Lebensgeschichte, Übersetzungen der Zitate des Abts
Sawaki Kodo Roshi und Gedanken über das Glück. Wenn wir glücklich wären,
bräuchten wir keine Bücher über Glück, stellt der Autor fest. Muho definiert
Glück als Loslassen und als Fähigkeit, von sich selbst absehen können. Zu den
interessantesten Passagen des Buches gehören die Schilderung von Muhos Zeit
unter Obdachlosen in Osaka und seine Gedanken über das Verhältnis zu seiner
japanischen Frau und zu seinen Kindern.
Fazit
Abt Muho vermittelt mit humorvoller Distanz ein sehr persönliches nüchternes
Japan-Bild.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 16. April 2007 2007-04-16 11:27:29