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Sebastien de Castell: Blutrecht. Greatcoats

Blutrecht. Greatcoats

von Sebastien de Castell
Verlag: Piper Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-492-70321-5

Preis: 3,98 Euro bei Amazon.de [Stand: 20. November 2024]
Staaten ohne Gerechtigkeit sind dem gelehrten spätantiken Kirchenvater Augustinus zufolge nichts anderes als große Räuberbanden. Dies trifft für das (fiktive) Königreich Tristia in mehr als einer Hinsicht zu. Das Land wird von mächtigen Herzögen regiert, die absolut herrschen und sich vor niemandem für ihre Taten rechtfertigen müssen. Als der letzte König Paelis die Jahrhunderte zuvor aufgelösten "Greatcoats" (so auch die Bezeichnung in der ansonsten gelungenen deutschen Übersetzung des Romans) wieder aufstellte, bezahlte er mit seinem Leben dafür. "Greatcoats" sind Magister und Schwertkämpfer. Sie sind nicht auf den König vereidigt, sondern auf das königliche Gesetz und sorgten (auch mit Waffengewalt) für dessen Einhaltung: Sie schlichteten Streitigkeiten, nahmen Festnahmen vor oder verhängten Strafen. Die Herzöge jedoch betrachteten dies als Verletzung der Tradition, setzten den König ab und richteten ihn hin - alles in Anwesenheit der "Greatcoats", die nicht eingriffen. Nun, einige Jahre danach, werden sie von der Bevölkerung verachtet und von den Herzögen verfolgt.

Falcio val Mond war der erste Kantor der Greatcoats und ein enger Freund des Königs. Nun schlägt er sich zusammen mit seinen Freunden Brasti und Kest mehr schlecht als recht durch. Jeder von ihnen war ein Greatcoat und hat hervorragende Fähigkeiten: Brasti ist ein ausgezeichneter Bogenschütze, Kest ein meisterhafter Schwertkämpfer, der nur von Caveil in den Schatten gestellt wird - dem Heiligen der Schwerter (eine Art "kleiner Gott", wie Kest meint), "dessen Klinge Wasser schneidet". Falcio ist ein guter Schwertkämpfer, ein noch besserer Taktiker, den aber die Schatten der Vergangenheit verfolgen. Seine Ehefrau wurde von Männern eines Herzogs getötet und König Paelis, der erste König seit Jahrhunderten, der etwas gegen die Herzöge und für die Menschen tun wollte, hatte sich freiwillig in die Gefangenschaft der Herzöge begeben. Der König hat vor seinem Tod jedem Greatcoat einen geheimen Befehl gegeben, bevor sich der Orden auflöste und Tristia im Chaos versank. Die Straßen sind unsicherer denn je, eine objektive und faire Rechtsprechung existiert nicht mehr, während die Herzöge ihre Macht ohne König mit brutalen Mitteln immer weiter ausbauen.

Falcio, Kest und Brasti geraten während ihres letzten Auftrags in erhebliche Schwierigkeiten. Ihnen wird ein Mord angehängt und so schließen sie sich einer Handelskarawane an, die von einer Adligen geleitet wird. Bald schon müssen die drei Greatcoats erkennen, dass fast nichts so ist wie es scheint und die Pläne der Herzöge noch weitreichender sind. Aber auch der tote König Paelis hatte einen Plan und dieser hängt nun entscheidend von Falcio und seinen Freunden ab.

"Blutrecht" ist ein gelungener Roman. Nicht die Geschichte dieser fiktiven Welt steht im Mittelpunkt der Handlung (diese wird nur angedeutet und auch ansonsten bleibt manches im Dunkeln), sondern die Charaktere und ihr Verhalten. Die teils recht düstere Handlung ist spannend und flüssig geschrieben. Am unterhaltsamsten sind die Unterhaltungen der drei Greatcoats Falcio, Kest und Brasti, die humorvoll von manch harten Handlungssträngen ablenken - so schon gleich zu Beginn ("Wisst ihr, was ich merkwürdig finde?", fuhr Brasti fort. [...] "Ich finde es merkwürdig, dass sich ein xxx Adliger fast so anhört wie einer, der gefoltert wird." "Du hast also schon viele Adlige gefoltert?" "Du weißt schon, was ich meine. Hier hört man nur Stöhnen und Grunzen und kleine spitze Schreie, nicht wahr? Irgendetwas läuft da verkehrt."). Manche Charaktere bleiben leider etwas blass und die Gegenspieler sind leider eher "schwarz gezeichnet" als "grau" (anders etwa bei George R. R. Martin, Joe Abercrombie oder Steven Erikson). Dies und das etwas vernachlässigte "Worldbuilding" sind aber die einzigen wirklichen Kritikpunkte.
Fazit
Eine mit Humor erzählte spannende Handlung (mit einigen Überraschungen und einer gelungenen Wendung am Ende), mehrere überzeugende Charaktere (vor allem Falcio, Brasti und Kest) und eine nicht uninteressante Hintergrundgeschichte zeichnen den vorliegenden Roman aus. Es bleibt zu hoffen, dass de Castell in Folgebänden einige (kleinere) Schwächen ausbügelt und mehr über die fiktive Welt preisgibt.

Da es sich um "Low Fantasy" handelt (Magie etc. spielt faktisch keine Rolle), sollte auch der Leser dem Buch eine Chance geben, der ansonsten mit Fantasy nichts anzufangen weiß. Denn letztlich handelt es sich um eine gut erzählte Handlung mit interessanten Protagonisten, die in einer quasi-historischen Welt eingebettet ist - und eine moralische Botschaft enthält: Gerechtigkeit alleine mag nicht genügen, aber ohne jede Gerechtigkeit ist kein Staat zu machen.
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Vorgeschlagen von B. Kiemerer [Profil]
veröffentlicht am 25. November 2014

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