Horst Rabes "Deutsche Geschichte 1500-1600" ist bis heute die
unübertroffen beste Gesamtdarstellung des 16. Jahrhunderts. In gekürzter
Fassung im Rahmen der im gleichen Verlag publizierten "Neuen Deutschen
Geschichte" erschienen, stellt die vorliegende Monographie die ungekürzte
Gesamtdarstellung dieser Epoche dar. Sie steht in der Tradition Leopold von
Rankes berühmter "Deutscher Geschichte im Zeitalter der Reformation"
aus dem Jahre 1847. Diese umfassende Monographie behandelt unter kritischer
Einbeziehung neueser Forschungsergebnisse (Stand: 1990) zunächst
sozialgeschichtliche Grundlagen vor: Bevölkerungsgeschichte,
Wirtschaftsentwicklung, das Weltbild der Ständegesellschaft. Doch auch die
Ereignisgeschichte nimmt breiten Raum ein. Im "Zeitalter der
Glaubensspaltung" erläutert Rabe die Situation der Kirche am Vorabend der
Reformation. Portraits der handelnden Akteure, auch der Reformatoren, sind
eingeschaltet. So finden sich Portraits von Luther, Müntzer, Erasmus, die die
politischen und theologischen Auseinandersetzungen der Reformatoren deutlich
werden lassen. Die Entwicklung des Protestantismus, zu dem sich zur Zeit des
Augsburger Religionsfriedens immerhin 55% der deutschen Bevölkerung bekannte,
wird plastisch geschildert. Dieser wird zu recht von Rabe als
"Grundereignis der deutschen Geschichte" gewürdigt. Gleichzeitig
dokumentiert er das Scheitern der universalistischen Reichspolitik Kaiser Karls
V., der dieses auch erkannt hat. Nicht umsonst dankte er 1556 ab, was Rabe auf
S. 440-461 ausführlich schildert. In seiner Bilanz des Jahrhudnerts (S. 652)
kommt Rabe denn auch zu dem Ergebnis, dass die tiefsten Brüche und Wandlungen
des 16. Jahrhunderts Brüche und Wandlungen des kirchlichen Lebens gewesen sind;
die Kirchenspaltung ist "das" Ereignis des 16. Jahrhunderts, welches
ein Zeitalter der Umbrüche darstellt - und daher unserer Zeit durchaus ähnlich
ist. Vielleicht übt es deshalb eine ungeheure Faszination bis heute aus, wie
viele Darstellungen belegen.
Fazit
Unter diesen zahlreichen Abhandlungen handelt es sich ohne Frage um die beste
Gesamtdarstellung dieser Zeit und hat daher meines Erachtens auch die volle
Punktzahl verdient.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 10. Januar 2004 2004-01-10 19:52:45