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Robert Schneider: Kristus

Kristus

von Robert Schneider
Verlag: Aufbau Verlagsgruppe [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: historischer Roman
ISBN-13 978-3-351-03013-1

Preis: 3,00 Euro bei Amazon.de [Stand: 21. November 2024]
Kristus ist ein Roman über große Ideen und Ideale sowie den Terror ihrer Verwirklichung. Robert Schneider hat damit einen Geschichtsroman geschrieben, der die Gegenwart gleichermaßen betrifft. Er erzählt vom Glauben an eine bessere Welt und der verzweifelten Suche nach Sinn, der vielleicht erst in der Zukunft oder im Jenseits seine Bestätigung findet. Mit Kristus widmet sich Schneider also nichts Geringerem als den Grundfragen der Menschheit, die gerade heute aktuell sind, denn es geht um Fanatismus. Während die Öffentlichkeit nicht müde wird, vor den Gefahren des islamischen Fundamentalismus zu warnen, legt Schneider ein Buch vor, in dem christliche Gruppierungen dem islamistischen Anspruch auf den alleinigen Besitz der Wahrheit in nichts nachstehen. Mit leiser Stimme zeigt er, daß vor Gott in der Tat alle Menschen gleich sind - gleich in ihrer Sehnsucht, die in Grausamkeit mündet.
Jan Beukels, aus kleinen Verhältnissen in Leyden stammend, ist als Prophet und König der Wiedertäufer in die Annalen des bewegten 16. Jahrhunderts eingegangen. Einfühlsam und überzeugend schildert Schneider die frühe Orientierungslosigkeit des Jungen Jan, der unzufrieden ist und doch nicht recht weiß womit. Bis er auf einer Palmsonntagsprozession dem Christusdarsteller begegnet und sieht, wie die Massen dem Erhabenen zujubeln. Da erhält seine namenlose Ziellosigkeit eine Richtung: Er will Christus werden. Schließlich schließt er sich den Wiedertäufern an, einer Sekte, die den Weltuntergang predigt und die Scheinheiligkeit und Ruchlosigkeit der katholischen Kirche anprangert. Wird er von den Anhängern eher durch Zufall zum Propheten erhoben, erliegt er schon bald dem Rausch der Macht. Jan Beukels herrscht in Münster als despotischer Tyrann, sein Fanatismus macht ihn blind für die eigene Grausamkeit. Die Schreckensherrschaft endet mit seiner Hinrichtung als Ketzer.
Fazit
Mit bewunderungswürdigem sprachlichen Feingefühl läßt Robert Schneider das Europa des 16. Jahrhunderts vor uns entstehen. Die verzweifelte Rastlosigkeit und das ziellose Herumirren Jan Beukels wird eindringlich geschildert. Schwächen weist der Roman jedoch auf, als es um die Entwicklung des Sinnsuchers zum Despoten geht. Wer ein Psychogramm des Protagonisten erwartet, wird enttäuscht. Gerade am interessantesten Punkt, dort, wo sich Idealismus in Dogmatismus wandelt, flüchtet Schneider von einer Innensicht der Hauptfigur in die rein äußerliche Darstellung der Handlung.
Dennoch hat Robert Schneider hier einmal mehr sein erzählerisches Können unter Beweis gestellt. "Sie wollten das Paradies und brachten die Hölle." Solche Sätze lassen sprachverliebte Herzen höher schlagen.
9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne
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Vorgeschlagen von Henrike Doerr [Profil]
veröffentlicht am 05. Mai 2005

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