Hauptkommissar Adam Danowski vom LKA Hamburg fremdelt als gebürtiger Berliner
nach mehr als 10 Jahren noch immer gegenüber seiner neuen Heimat. Vor kurzem
hat sich Danowski ins LKA versetzen lassen, um seine Belastung aus Schichtdienst
und Familienpflichten zu reduzieren. Durch einen anonymen Anrufer erfahren die
Behörden von einem Seuchenausbruch an Bord eines Kreuzfahrtschiffs im Hamburger
Hafen und stellen das Schiff mit rund 1500 Passagieren unter Quarantäne. Der
Hamburger Kaufmann Lorsch, der an einer Ebola-ähnlichen Seuche verstorben ist,
hatte eine Kreuzfahrt gebucht, um in Schottland Geschäftstermine zu
wahrzunehmen. Kontaktpersonen, die sich mit Sicherheit nach Ausbruch der
Krankheit infiziert haben, sind nicht auffindbar. Die Möglichkeit eines
Terroranschlags durch Viloviren als Motiv der Vorgänge an Bord wird zunächst
verdrängt. Die Behörden von Panama werden hoffentlich irgendwann einen
Ermittler auf das Schiff schicken, das unter der Flagge von Panama fährt, meint
man beim LKA und veranlasst zumindest pro forma Ermittlungen. Die Hamburger
Behörden wollen kein Aufsehen erregen; einen offiziellen Katastrophenplan für
einen "Biohazard" scheint es nicht zu geben. Ins Dickicht der
Nichtzuständigkeiten dringt eine Virologin des Instituts für Tropenmedizin mit
beachtlicher Penetranz vor; sie übernimmt inoffiziell die Leitung der
Ermittlungen.
Danowski und sein Kollege Finzel sind für den geheimnisvollen Fall abgestellt,
weil beide für wenig leistungsfähig gehalten werden und ihr Fehlen ihre
Abteilung nicht sonderlich belastet. Direkt vor seiner Abordnung zum Fall
Seuchenausbruch erhielt Danowski die Diagnose, er wäre nicht - wie befürchtet
- schwer krank, sondern als Hochsensibler von seinen Lebensumständen chronisch
überfordert. Hinter der Fassade eines antriebslosen Menschen ermittelt Danowski
die Hintergründe von Lorschs Tod mit den routinierten Instinkten eines
Kriminalbeamten und einem ungewöhnlichem Gespür für andere Menschen. Die
Reiseplanung des Verstorbenen wirkt auf Ermittler wie Leser sonderbar, ebenso
Lorschs wenig betrübte Ehefrau. Da Danowski die hanseatische Denkweise noch
immer fremd ist, übersieht er zunächst, dass hinter Lorschs Tod auch
kommerzielle Interessen stehen könnten.
Das Zuständigkeitswirrwarr im Fall eines Seuchenausbruchs in Deutschland ist
als Ausgangsszenario eines Krimis sehr beunruhigend. Till Raether schickt einen
Ermittler an die Arbeit, dessen Tatkraft von seiner Umgebung unterschätzt wird
und der hinter der Maske seiner Unbedarftheit unerwartete Ermittlungsergebnisse
erzielen kann. Danowskis Blick aus seiner Außenseiterposition karrikiert die
hanseatische Denkweise spöttisch, ohne herablassend zu wirken, und entspricht
ganz und gar Danowskis hochsensibler Persönlichkeit.
Fazit
Der Plot, die Ermittlerfigur, der zurückhaltende Humor des Autors, die Szene,
in der Till Raether die Idee zu seinem Krimi entwickelte - in
"Treibland" stimmt alles.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 25. Februar 2014 2014-02-25 19:18:20