Essen und gesund bleiben?
Die Verbraucher hätten gerne gesunde, nährstoffreiche Nahrung und sind oft
voll Vertrauen darauf, dass in der Nahrung enthalten ist, was marktschreierisch
verkündet wird. Die Nahrungsmittelindustrie demgegenüber liefert aber genau
das immer weniger. Das hat System und liegt am System, folgt man Hans-Ulrichs
Grimms Gedanken. Eine nicht enden wollende Reihe einzelner Lebensmittelskandale
begleitet seit Jahren das alltägliche Leben. Das Buch bietet nun einen
umfassenden Blick auf den Zusammenhang zwischen diesen einzelnen Ereignissen,
die für Verunsicherung durchaus sorgen, aber auch schnell in Vergessenheit
geraten und wenig in Zusammenhang gebracht werden.
Auf dem Hintergrund der Globalisierung arbeitet Hans-Ulrich Grimm überzeugend
die Grundprobleme moderner Lebensmittelerzeugung heraus. Durch die weltweite
Vernetzung von Lebensmittelproduzenten und Lebensmittelverarbeitender Industrie
können Hygiene- und Kontrollstandards letztlich nicht jeden Schritt vieler
Lebensmittel auf dem Weg zum Tisch des Verbrauchers nachvollziehen. Am Beispiel
von E.Coli Bakterien weist er nach, wie einst lokale Belastungen von
Lebensmitteln mittlerweile ein weltweites Problem darstellen. Und wie umgekehrt
sich verstärkende Zivilisationskrankheiten (Krebs, Herz-Kreislauf Krankheiten,
Diabetis etc.) durch den globalisierten Fluss der Lebensmittel und die
Vereinheitlichung von Nahrungsgewohnheiten an Orten Einzug halten, die bis vor
kurzem von solchen Krankheiten verschont geblieben waren. Schon mit dem
gelungenem Einstieg des Buches zeigt Grimm nachvollziehbar, dass eine Lösung
des Problems nicht einfach ist. Wie da alle Schutzmaßnahmen des Lebens durch
die Hintertür tödlich unterlaufen werden, sorgt für begründete Unruhe im
Blick auf die eigene Ernährung und motiviert in bester Weise zum Lesen des
Buches.
Die allgemeinen Grundbeschreibungen, die im ersten Kapitel ihren Platz finden,
werden im Verlauf des Buches ausführlich weiter entfaltet, vertieft und
erweitert. In verständlicher, gründlich informierter, aber nie blind
dogmatischer Weise beschreibt Grimm die weltweiten Probleme mit hartnäckigen
Bakterien, die Gründe für das weltweit zunehmende Problem des Übergewichtes,
die chemische und pharmazeutische Belastung von Fertigprodukten ebenso, wie die
trickreiche Werbung und die grundlegende Orientierung alleine auf die Kosten der
Nahrungsmittelindustrie. Durchaus verschweigt Grimm dabei die Vorteile der
globalisierten Nahrungsmittelerzeugung nicht. Vor allem ihre Verdienste im Kampf
gegen den Hunger in vielen Regionen der Welt und die durch sie möglich
gewordene Abfederung von Missernten und Naturkatastrophen würdigt er durchaus
angemessen. Dennoch wird letztendlich deutlich, dass die im Raume stehenden
Risiken beginnen, den Nutzen zu übersteigen und, dies vor allem, nicht wirklich
regulierbar sein werden.
Die Schilderung des Verhaltens bei der Auswahl und Zubereitung von
Nahrungsmitteln durch die Epidemologin Kathleen Gensheimer verdeutlicht so z.B.,
dass Fachleute mittlerweile umfangreiche Vorsicht im Blick auf Nahrungsmittel
walten lassen. Selbst der Nutzen von Bio-Lebensmitteln wird da fragwürdig, wo
auch diese Nahrungsmittel Teil der globalisierten Produktion sind und sich
damit, wie am Beispiel des chinesischen Bio-Apfels eindrücklich aufgezeigt,
letztlich einer wirklichen Kontrolle entziehen. Hans-Ulrich Grimm bevorzugt
einen unaufgeregten, beschreibenden Stil in verständlicher Sprache. Seine
Thesen und Erkenntnisse werden immer wieder anhand kleiner Beispiele greifbar
und lebendig gestaltet und sind daher dem Leser leicht zugänglich.
Wer sich zudem allein nur im 8. Kapitel über moderne Lebensmittelwüsten
informiert hat, ist danach schon hoch motiviert, zumindest für sich selber
andere, gesündere Wege zu finden. Wege, die Hans-Ulrich Grimm im letzten
Kapitel des Buches praktikabel aufzeigt. Trotz der Einschränkung im Blick auf
Irrungen der Globalisierung und der Gefahren, auch biologisch kontrolliert
angebaute Nahrungsmittel zu einem reinen Geschäft zu degradieren, sieht er
letztlich hier die bestmögliche Form gehaltvoller Nahrungsmittel und der
Risikominimierung im Blick auf krankheitserregende Belastungen.
Fazit
Ein überzeugendes Plädoyer für eine naturnahe Nahrungsmittelproduktion und
eine Abkehr von der heute weltweit verbreiteten industriellen
Nahrungsmittelproduktion, die vieles an Prioritäten kennt, weniger aber eine
gesunde Ernährung der Menschen in den Mittelpunkt des Interesses rückt.
Natürlich gehört auf Konsumentenseite dazu, nicht den Preis allein für die
Essensgewohnheiten ausschlaggebend sein zu lassen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 17. Mai 2010 2010-05-17 00:26:21