Durch den großen Brand in Hamburg, der vom 5. bis 8. Mai 1842 in der Stadt
wütete und viele ihrer Bürger um Hab und Gut brachte, weil ihre Häuser
verbrannten und sie vorübergehend Bleibe bei Freunden oder Verwandten suchen
mussten, wurden letztendlich auch die Pläne für Emilia Bregartners Leben auf
schicksalhafte Weise gravierenden Veränderungen unterworfen. Das sensible,
gefühlvolle Mädchen lebte mit seiner Familie, den Eltern Anna und Martin,
sowie den Bediensteten Inken, Mats, Ole und der Altmagd Sofie auf dem alten
Bregartnerschen Besitz in Othmarschen unweit der Hauptstadt, eingebunden in die
sichere Vertrautheit einer ländlichen, behaglichen Kindheit, umsorgt von der
nimmermüden Liebe der jungen Magd Inken, die stets um das Kind bemüht war, vor
Allem dann, wenn Anna durch oft aufeinander folgende Schwangerschaften ihrer
Mutterrolle nicht gerecht werden konnte.
Die lodernden Flammen in Hamburg nun hatten Martins dort lebenden Bruder Hinrich
und dessen kinderlose Frau Minna um ihr Haus gebracht, sodass sie erst einmal
mit Gepäck und Dienstpersonal Einzug in Othmarschen hielten. Ihre dort
entstandene Auffassung, dass Emilia eine angemessenere Schulbildung und Umgebung
zuteil werden müsse, wenn sie sich eines Tages einmal standesgemäß
verheiraten wolle und sich die kinderliebe Minna besonders intensiv ihrer
annehmen könne, überzeugte auch die Eltern, sodass sie Emilias Umzug nach
Hamburg zustimmten, als Tante und Onkel ins neu erbaute Haus zurückkehren
konnten. Jedoch war es nicht nur für ein oder zwei Jahre, wie es dem
unglücklichen Kind zum Trost geheißen hatte, sondern für eine viel längere
Zeit, in welcher der Vater dann noch beruflich in England sein musste und
Emilias Mutter und den jüngsten Sohn Julius mit in die Fremde nahm.
Emilia wuchs in die Hamburger Gesellschaft hinein, aber die Regeln, welche dort
als ungeschriebene Gesetze Gültigkeit hatten, konnten ihre Gefühle nicht
ausschalten und die Stimme ihres Herzens nicht zum Schweigen bringen. Das wusste
sie, als sie Kapitän Carl Gotthold Lessing gegenüberstand und erkannte, dass
er mehr für sie sein würde als Familie und Heimatland. Was bisher Bestand für
sie hatte, würde den wechselhaften Gezeiten seines Lebens unterliegen, der
Rhythmus seines Herzens würde von nun an der ihrige sein...
Ulrike Renk nimmt den Leser mit in eine Welt tiefer Gefühle und
gewachsenerTraditionen, der Liebe zur Heimat und dem Drang in geheimnisvolle
Ferne - eingebunden in eine große Familiengeschichte. Die Protagonisten, deren
reales Leben sie liebevoll detailliert recherchiert hat, sind ausdrucksvoll und
beeindruckend gezeichnet, sind im Roman so intensiv zum Leben erweckt, dass der
Leser keinerlei Schwierigkeiten hat, in ihre Geschichte einzutauchen und ihren
Emotionen zu folgen. Engagiert und voller Anteilnahme nimmt man an den Höhen
und Tiefen ihres Daseins teil und lässt sich durch die reiche, flüssige
Sprache der Autorin wunderbare Lesestunden bereiten.
Fazit
Das ist ungetrübte Freude an einem eindrucksvollen Gemälde aus Worten, dessen
Autorin von mir sehr gerne eine volle Bewertungszahl und die Bitte um eine
Fortsetzung dieser Familienchronik erhält.
Vorgeschlagen von brillenbaby
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veröffentlicht am 28. Februar 2014 2014-02-28 10:23:00