Phil, der Philosoph wie -man sich ihn denkt: verwahrlost, Arbeit und Besitz
verabscheuend, mit sich und der Welt mal hoffnungsvoll, mal verzweifelt hadernd,
theorieverliebt, tändelnd zwischen "Körper und Geist", von guten
Geistern verlassen, von bösen Geistern geplagt, ein ewiger Anfänger; Phil -
"Geliebter Narr" Horst Dreyers. Die erste Hälfte spielt bis Phils
Verschwinden, zum Schluss erfahren wir Details seiner Biografie. Horst Dreyer
hat hier einen konsequent philosophischen Roman geschrieben, d. h. zum Beispiel:
"Und weil ich so bin, wie ich nun mal bin, und weil ich finde, der liebe
Gott werde sich bei meiner Erschaffung schon was gedacht haben, sage ich immer
nur, was ich denke, dass es die Wahrheit ist - und was es in den meisten Fällen
ja auch tatsächlich ist -, und weil ich glaube, das gehe total in Ordnung,
wofür ich eigentlich gelobt werden müsste, was aber leider nie
geschieht.", sagt sich Gabriele (...sie "erzählt " dieses Buch),
15jährig, die, als einzige Freundin Phils, dafür sorgt, dass er nicht
verhungert, nicht erfriert, nicht von zu viel Denkerei erdrückt wird.
Konsequent philosophisch, für -Handlung bleibt kein Platz, entweder wird
Gabriele von Phil und Fred, einem zweiten Philosophen, von der Schule abgeholt,
oder sie trifft beide auf dem Marktplatz, oder sie nimmt den Weg zum Forsthaus,
wo sie Phil eine Unterkunft beschafft hat. Bis ins kleinste wird Kleines auf
große Zusammenhänge untersucht, dabei entsteht ein Geben und Nehmen von
Sentenzen. Dreyer zieht seine philosophische Welt also "voll durch",
nächstes Beispiel: "Nun ist aber nichts von Dauer, auf Erden nicht: Auf
jede mondkalte Nacht folgt ein sonnenwarmer Tag. Wobei meinem Freunde Phil an so
einem sonnenwarmen Tage mitunter sogar zwei Sonnen aufgingen -hatte ich
‚Sonne’ gerade mal einen guten Tag erwischt-, und das machte ihn dann
doppelt warm, auf dem Rücken wie im Herzen. Bescheidenerweise sah ich mich
dabei viele Millionen mal kleiner als das Tagesgestirn, aber dennoch mit der
gleichen Wirkung, was ich mir auch für diesen Tag erhofft hatte, ohne jedoch so
recht davon überzeugt zu sein; denn ich hatte was auf dem Herzen, auf dem
Herzen und im Körbchen.". Alle, die bei der Lektüre einen handfesten
Inhalt verlangen, dürfte "Geliebter Narr" nicht ansprechen. Eine
charmante "Erzählung" ist es trotzdem, außerdem nicht wenig
spannend: erst auf den letzten Seiten klärt sich Phils Verschwinden auf, kurz
vorher werden wir über seine nebulöse Herkunft aufgeklärt, und woher Gabriele
das Geld nimmt, mit welchem sie Phil stützt, erfahren wir auch.
Fazit
Weil dieses Buch, auf eine leicht daherkommende Weise, auf viele Fragen (Bin ich
schön?, Bin ich klug?, Warum nutzen manche Menschen andere Menschen aus?, Was
ist Bildung?, Wozu gibt’s Besitz?, Haben Tiere eine Seele?), die sich ein 7
bis 12jähriger stellt, viele Antworten gibt, halte ich es für die
fragedurstigen 7 bis 12jährigen gut geeignet.
Vorgeschlagen von Paul Niemeyer
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veröffentlicht am 08. November 2003 2003-11-08 12:43:13