Der Buchhändler Jean Perdu ist mir einer besonderen Gabe gesegnet: Auf der
Lulu, einem alten Schiff, dass er als literarische Apotheke umfunktioniert hat,
erkennt er auf einen Blick, welche Bücher seine Kunden für ihre jeweilige
Gemütslage benötigen. So hat er schon manch gepeinigter Seele geholfen. Er
selbst wird jedoch von einem inneren Schmerz verzehrt, den er durch seine
Bücher nicht beseitigen kann. Seine große Liebe Manon hat ihn damals ohne jede
Erklärung verlassen. Einige Monate später traf ein Brief ein, den Perdu nie
geöffnet hat. Jetzt wagt er es und erfährt etwas, dass ihm schier den Boden
unter den Füßen wegzieht. Zusammen mit dem Schriftsteller Max Jordan begibt
sich Perdu auf eine Reise in die Provence, um gegen die Schatten seiner
Vergangenheit anzukämpfen.
Nach den ersten gut 80 Seiten war ich mir sicher mit "Das
Lavendelzimmer" ein echtes Juwel zu lesen. Die Geschichte zog mich in ihren
Bann und die Sprache war poetisch, anschaulich und so fesselnd, dass ich mir
manche Sätze sogar notiert habe. Leider bin ich auf der Reise des Jean Perdu
verloren gegangen und habe weder den Protagonisten noch den Zugang zur
Geschichte wiedergefunden.
Mit dem Antritt von Perdus Reise war für mich die Magie der Geschichte vorbei.
Fortan plätscherte die Handlung ohne Höhepunkte dahin und trotz den
bildgewaltigen Sprache konnte mich der Roman weder berühren oder gar
begeistern. Einen Spannungsboden konnte ich den letzten zwei Dritteln leider
auch nicht mehr ausmachen. Dabei hat Nina George mit Jean Perdu eine überaus
interessante Figur erschaffen. Auch die Charaktere die Perdu auf seiner Reise
begegnet haben Potential, doch auch das reichte nicht aus, um den Roman wieder
in die richtige Bahn zu lenken. So kämpft man sich mühsam durch zwei Drittel
eines Romans, der in ein nicht wirklich überraschendes Ende gipfelt. Zwar wird
er hier wieder etwas besser, aber überzeugen konnte er mich letztlich nicht.
Fazit
Nach der Lektüre kann ich die guten, teils euphorischen Kritiken nicht
nachvollziehen. Gerade in diesem Genre ist es wichtig, den Leser zu fesseln, zu
berühren oder gar zu Tränen zu rühren. Dies gelingt Nina George mit "Das
Lavendelzimmer" bei mir leider nicht. Während viele Leser mit Jean Perdu
in Richtung Provence schippern stand ich am Ufer und habe mich gefragt, wann und
wo ich den Anschluss zu diesem Roman verpasst habe.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 08. Dezember 2013 2013-12-08 16:19:38